Neues Bach-Album: Aus drei Tönen wird schöner Gesang
Schöner kann man das Spiel des Geigers Augustin Hadelich nicht charakterisieren, als das einem erfahrenen Kollegen gelang, der dessen "jubelnden Ton" lobte. Auf dem neuen Doppelalbum Hadelichs kann man genau davon viel genießen, und das sogar in Reinkultur.
Bachs Werke fordern hohe Präzision
Denn Johann Sebastian Bach hat auf jede Begleitung verzichtet, als er seine je drei Sonaten und Partiten für die Violine schrieb. Diesen Werken kann man es als Musikerin oder Musiker nicht leicht recht machen: Hält man Fluss und Tempo nicht einigermaßen stabil, verlieren sie ihre lineare Kontur, weil ja kein anderes Instrument für Orientierung sorgt; spielt man aber gerade durch, bekommen sie etwas Etüdenhaftes.
Dieses heikle Gleichgewicht zwischen Freiheit und Strenge wahrt Augustin Hadelich mit der Grazie eines Seiltänzers. Auch ausgreifende Entwicklungen sind ohne Überdruck und Grobheiten von Spannung erfüllt (und solche Anstrengungen gibt es bei Kollegen immer wieder).
Der Energie ist fließend und kommt beim Hörer an
Zudem überblickt Hadelich, noch nicht 40 Jahre alt, höchst souverän die formale Anlage der einzelnen Sätze, selbst solcher Kolosse wie der Fuge aus der Sonate Nr. 3 C-Dur oder der Chaconne aus der Partita Nr. 2 d-moll, und kann dadurch anwachsende und abflauende Energien - übrigens nicht zuletzt harmonische - dem Hörer direkt mitteilen. Eine sich selbstgenügsam abkapselnde Vereinzelung tritt also nie ein, obwohl hier nur ein einsamer Spieler für sich räsoniert.
Auf seinen unverwechselbaren Ton verlässt sich der Deutsch-Italiener dabei nicht allein, auch nicht auf den Zauberklang der Guarneri "Leduc, ex Szeryng". Aber die Kommunikation mit dem Publikum wird durch beider Attraktivität sehr viel einfacher.
Wie auch bei seinen hiesigen Konzert-Auftritten interessiert sich Hadelich überhaupt nicht für Oberfläche und Brillanz, wohl aber für die außerordentliche Ausdruckskraft der sonst oft so vernachlässigten Mittellage.
Sein Spiel ist bewundernswert
Motive springen wie dreidimensional im Raum herum, die Presti werden furios hochgetrieben, Akkorde bleiben modulationsfähig, auch wenn sie knapp angerissen werden. Und wie Augustin Hadelich es irgendwie schafft, in den Sarabanden Figuren von bloß drei Tönen zum Singen zu bringen! Da ist es wieder, dieses heimliche Jubilieren des Tones.
Johann Sebastian Bach: Sonaten und Partiten für Violine solo; Augustin Hadelich, Geige (Warner)
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