Kritik

Mut zur Stille: Tugan Sokhiev dirigiert Ravel, Debussy und Mussorgsky im Herkulessaal

Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks mit einem impressionistischen Programm im Herkulessaal.
Michael Bastian Weiß |
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Der Dirigent Tugan Sokhiev. (Archivbild)
Der Dirigent Tugan Sokhiev. (Archivbild) © Hannibal Hanschke/dpa

München - Zwei der drei "Poèmes" der "Shéhérazade" von Maurice Ravel beginnen damit, dass das Orchester pausiert; und auch in ihrem weiteren Verlauf ziehen sich diese Lied-Tondichtungen immer wieder in ein scheues Pianissimo zurück, das Tugan Sokhiev mit dem Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks auch mit anhaltend höchster Diskretion wahrt. Angehörs einer solchen Ungreifbarkeit ist es gut, wenn die Solistin nicht auch noch zum Verschwinden neigt.

Siobhan Staggs Stimme trägt auch durch abgerundete Geschlossenheit

Siobhan Stagg wird mit ihrem festen, glatten, wie dunkles Edelholz kolorierten Sopran ganz allein zum Stabilitätsanker einer ausgewachsenen Instrumentalbesetzung, die ohne sie und vom Komponisten so gewollt geradezu haltlos anmuten würde. Ihre Stimme trägt bis in die außerordentlich schöne Tiefe hinein nicht nur durch Kraft, sondern auch durch ihre abgerundete Geschlossenheit.

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Wie ausgewechselt: Tugan Sokhiev debütiert beim BR-Symphonieorchester

Da flattert nichts, auch nicht beim heimlichen Flüstern. Umgekehrt: Die gebürtige Australierin verschmilzt auch die langen rezitierenden Passagen zu einem geschmeidigen Arioso, indem sie jede einzelne Silbe mit Klang unterlegt. Lustvoll kostet Siobhan Stagg die Sprache aus. Wenn sie die im Text genannten gefährlichen Abenteuer mit weit geöffneten Augen schildert, versteht man jedes Wort – selbst, wenn man gar nicht französisch kann.
 
Bei seinem letzten Auftritt mit den Münchner Philharmonikern hatte Tugan Sokhiev einen unentschiedenen Eindruck hinterlassen. Nun debütiert er beim BR-Symphonieorchester und scheint wie ausgewechselt. Das "Prélude à l´après-midi d'un faune" ist in letzter Zeit oft als Einspielstück gebraucht worden.

Würdiger Abschluss für scheidenden BR-Soloposaunisten Hansjörg Profanter

Dabei zeichnet Claude Debussy hier nicht weniger nach als das Wunder, wie aus dem Nichts Musik entstehen kann. Sokhiev zeigt im Herkulessaal Mut zur Stille, wenn er mit dem Symphonieorchester extrem zögernd, mit langen Pausen, auf das Flötensolo antwortet.
 
Treten die Streicher hier wie unwirklich in Erscheinung, hat Sokhiev dagegen in den „Bildern einer Ausstellung“ von Modest Mussorgsky in Maurice Ravels Orchestrierung keine falsche Scheu, sie zu einer oft vermissten klanglichen Üppigkeit zu animieren. Gleichzeitig beginnen und beenden die einzelnen Gruppen jede motivische Gestalt mit einer Sorgfalt, die an Mariss Jansons erinnert: ein würdiger Abschluss mithin für den scheidenden BR-Soloposaunisten Hansjörg Profanter, dessen sagenhafte 43 Jahre währende Dienstzeit noch in der Ära von Rafael Kubelik begonnen hatte. 

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