Kritik

Mozarts Oper "La clemenza di Tito" in der Isarphilharmonie: Geschwindigkeitsbegrenzung für alle

Mozarts Oper "La clemenza di Tito" mit Cecilia Bartoli in der Isarphilharmonie.
Michael Bastian Weiß |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Die italienische Mezzosopranistin Cecilia Bartoli.
Die italienische Mezzosopranistin Cecilia Bartoli. © imago/Belga

Die Figur des Sesto zettelt zwar einen Aufstand an, bei dem das Kapitol in Rom in Flammen aufgeht. Doch in Wolfgang Amadeus Mozarts später Oper "La clemenza di Tito" ist er keineswegs die einzige Hauptpartie. Außer, Cecilia Bartoli singt diese Hosenrolle. Man kann es in den umliegenden Sitzreihen beobachten: Wenn die Italienerin auf der Bühne steht, kann das Publikum weder Augen noch Ohren von ihr abwenden. Fairerweise muss man sagen, dass sie sich, von allen am unauffälligsten gekleidet, keineswegs in den Vordergrund spielt. Im Gegenteil lässt die Bartoli ihren Kolleginnen und Kollegen viel Raum und Luft zum Atmen, ungleich mehr, als der Dirigent Gianluca Capuano ihnen mit seinen stets strammen Tempi zugesteht.

"La clemenza di Tito": Attraktives Ensemble

Auch ist ihr in dem jungen, attraktiven Ensemble niemand tatsächlich gesanglich unterlegen – nur in den halsbrecherischen Koloraturketten, die sie mit ihrem unvergleichlich deutlichen Non-Legato in die mucksmäuschenstille Isarphilharmonie stanzt, kann ihr keiner etwas entgegensetzen.

In allen anderen Facetten der höchst anspruchsvollen Titelrolle ist der Amerikaner John Osborn aber eine Idealbesetzung: Sein Tenor ist noch in der Tiefe männlich timbriert, hat naturwüchsige Kraft und mitunter heldischen Glanz in der Höhe; der Amerikaner kann ihn aber auch auf einem hohen "b" in ein immer noch substanzvolles Pianissimo zurückfahren. Der Ungar Péter Kálmán als Publio setzt mit seinem imposanten Bassbariton ein gleichwertiges Gegengewicht.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Alexandra Marcellier: Die Rolle kommt vermutlich noch etwas zu früh

In Mozarts "Dramma serio" liebt Annio Servilia. In dieser konzertanten Aufführung kann eigentlich kaum ein Zweifel bestehen, dass die beiden sich schlussendlich kriegen werden, so harmonisch ergänzen sich die beiden Soprane: die Servilia der Französin Mélissa Petit kostbar schimmernd, der Annio der hochgewachsenen Deutsch-Amerikanerin Sienna Licht Miller enthusiastisch verschwenderisch. Dass der strahlende, doch leichte Sopran von Alexandra Marcellier im Verlauf immer unruhiger wird, passt zur affektgeladenen Figur der Vitellia; die forcierte Tiefe der Französin lässt aber vermuten, dass die Rolle für sie noch ein wenig zu früh kommt.

Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass Gianluca Capuano am Pult des an sich großartigen Ensembles "Les Musiciens du Prince - Monaco" (diese draufgängerischen Hörner!) weder auf Vitellia noch auf die Anderen Rücksicht nimmt. Nur Cecilia Bartoli darf es sich offenbar herausnehmen, Capuanos Eile Einhalt zu gebieten, wann es ihr eben passt. Und das tut sie auch. Noch besser wäre gewesen, dieses Recht auf Geschwindigkeitsbegrenzung hätte allen zugestanden.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.