Mehr Experimente!
Bis 27. August bietet die Musikhochschule Kurse für den Nachwuchs. Mit Wolfgang Rihm (Komposition), Teodoro Anzellotti (Akkordeon), Marino Formenti (Klavier) und dem Arditti Quartett unterrichten Spitzen-Dozenten. Bis auf den Kurs für Komposition sind angemeldete Gäste willkommen. In Konzerten wird Rihms 60. Geburtstag gefeiert. Hochschulpräsident Siegfried Mauser darf stolz sein.
AZ: Herr Mauser, ist München ein Zentrum für Neue Musik?
SIEGFRIED MAUSER: Meiner Meinung nach ja. Es gibt nicht nur die Münchener Biennale für neues Musiktheater oder die musica viva. Ich denke auch an das Programm der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, das sich zu zwei Dritteln der Neuen Musik widmet. In vielen Konzerten in der Stadt ist das 20. Jahrhundert vertreten. Mit den Klangaktionen von Josef Anton Riedl gab es auch dezidiert experimentelle Musik.
Die gibt es aber nicht mehr. Klafft eine sträfliche Lücke?
Ja, das war eine wichtige Reihe. Ich habe gehofft, dass sie fortgesetzt und weiterentwickelt wird. Vielleicht könnte man sie in die Biennale einbinden, bei der ja ein Nachfolger für Peter Ruzicka gesucht wird. Es wäre schade, wenn Experimentelles verschwände.
Könnte die neue Akademie diese Lücke etwas füllen?
Vielleicht ansatzweise. Mit der Schulung von Sängern und Musikern für Neue Musik haben wir aber ein Angebot geschnürt, das es so bislang nicht gab und ich als wichtig empfinde.
Warum?
Mittlerweile ist zwar die neue Musik an den Musikhochschulen angekommen. Aber es gibt ein Defizit im Unterricht. Dort existiert das Repertoire nach 1945 fast nicht. Aber es tut sich einiges, gerade durch die Ensembles für neue Musik. Spieltechniken werden erlernt und Workshops geboten, so beim Frankfurter Ensemble Modern oder beim Klangforum Wien. Neue Musik ist ein großes Berufsfeld geworden, mit der Akademie wollen wir Impulse geben. Anderswo passiert nicht so viel.
Und was ist mit den legendären Kursen in Darmstadt?
Das sind Ferienkurse, für die Studenten aus aller Welt kommen, um sich vor allem zu informieren und auszutauschen. Bei uns geht es hingegen um die ganz konkrete Aus- und Fortbildung von Studenten und Absolventen. Unser Angebot ist so bislang einzigartig.
Obwohl ein Rihm heute zum Mainstream gehört.
Ich bin sehr froh und finde es wichtig, dass wir mit Rihm beginnen können – auch weil es der Akademie im ersten Jahr einen gewaltigen Push gibt. Seinen Kurs hätten wir dreifach belegen können, er war als erster ausgebucht. Das zeigt, dass Rihm eine ganz zentrale Stimme ist. In den kommenden Jahren denke ich an Komponisten wie Salvatore Sciarrino oder Pascal Dusapin.
Ist die Finanzierung gesichert?
Für die nächsten drei Jahre ja. Den Hauptteil trägt die Ernst-von-Siemens-Musikstiftung, die Hochschule ist auch beteiligt. Meine Vision ist, dass wir eine Art „Summerschool" etablieren, wie die Festivals Marlboro oder Tanglewood. Dass man über zwei oder drei Wochen Kurse anbietet, und zwar für traditionelle und zeitgenössische Musik – um Brücken zu schlagen. Vielleicht finden sich Sponsoren. Wenn die Akademie erfolgreich ist, kommen wir über 2014 hinaus.
Infos zu den Kursen: www.musikhochschule-muenchen.de
Die Konzerte
22. 8., 18.00 Uhr – Carl-Orff-Auditorium, Luisenstr. 47a, Wolfgang Rihm-Filmnacht mit der Regisseurin Bettina Ehrhardt
23. 8., 20.00 Uhr – Reaktorhalle, Luisenstr. 74 a: Hommage an Wolfgang Rihm mit dem Arditti Quartett & Teodoro Anzellotti mit Quartetten von Rihm
24. 8., 21.00 Uhr, Reaktorhalle Pianoinsel mit Marino Formenti & Siegfried Mauser, Klavier. Werke von Ustwolskaya, Feldman und Rihm
25. 8., 20.00 Uhr Reaktorhalle, Rainer Römer, Teodoro Anzellotti, Siegfried Mauser, Daria Iossifova und Moritz Eggert spielen Hosokawa, Smolka, Rihm, Eggert und Huber.
26. und 27. 8, 20.00 Uhr, Reaktorhalle, Studentenkonzerte mit Streichquartetten und Stücken für Schlagzeugensemble, u.a. Rihms „Tutuguri VI und Steve Reichs „Mallet Quartet“. Karten kosten 10 Euro, am 22., 26. und 27. 8. freier Eintritt
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