Lou Reed ist tot
NEW YORK Lou Reed war einer von den Musikern, die so intensiv gelebt und gearbeitet haben, dass man sich immer besorgt fragte: „Wie lang hält der das durch?“ Sein Songtitel „Walk on the Wild Side“ war in seinem Leben durchaus Programm, seine Drogensucht war legendär. Er hat es lange durchgehalten, hat uns viele wundervolle Songs geschenkt, hat gekämpft bis zum Schluss. Im April hatte er sich noch einer Lebertransplantation unterzogen. Vergebens. Gestern ist Lou Reed in New York gestorben. Im für eine solche Lebensweise durchaus erstaunlichen Alter von 71 Jahren.
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Seine erste Band, „The Velvet Underground“ , gefördert von Andy Warhol, war eine Legende – mitsamt der Sängerin Nico und dem berühmten Bananen-Cover. Aber geliebt haben wir ihn für seine Solo-Alben. Für seine Texte, die zwar häufig unglaublich depremiert waren, aber trotzdem immer ein rettendes Fünkchen Hoffnung in sich bargen. Für die wunderbar nölige Stimme, mit der er immer so hübsch einen Viertelton danebensang und mit der er selbst bei kitschig-schönen Songs wie „Perfect day“ ein authentisches Lebensgefühl vermitteln konnte. Für „Walk on the Wild Side“, seinem Herz für die Verwirrten und die Außenseiter. Und für seinen schrägen Sinn für Humor, der uns schon einmal eine Platte bescherte, die ausschließlich aus Gitarren-Rückkopplungen bestand. Oder eine großartige, aber eher unhörbare Kooperation mit Metallica.
Er war ein großartiger Musiker, ein Unikat, einer, der ebenso unverwechselbar wie unersetzlich ist. Solche Menschen, die den Rock’n’ Roll leben, wie er es tat, gibt es eigentlich nicht mehr.
Seinen letzten Auftritt in Deutschland hatte er im Vergangenen Jahr bei Tollwood. Und, ganz ehrlich gesagt: Man hatte Schlimmes befürchtet. Kann der Mann noch singen, wird es fürchterlich atonal, redet er auch mal einen Ton oder kommt er so grantig und arrogant rüber, wie es seinem Ruf entspricht?
Und wieder einmal enttäuschte er alle Erwartungen. Er bescherte dem Publikum einen wundervollen, unterhaltsamen Abend, schenkte ihm ein warmherziges Lächeln und bedankte sich am Ende brav für den Applaus. Er wirkte wie jemand, der seinen Frieden gemacht hat. Mit seinem Werk, mit seinem Publikum, seinem Leben. „Ich komme wieder“, versprach er zum Schluss. Leider hat er sein Versprechen nicht halten können.
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