Kritik: Konzert der Toten Hosen in den Münchner Kammerspielen

Gerhard Polt, die Well-Brüder und Die Toten Hosen werden in den Kammerspielen für ihr Programm "Auge des Trommelfells" frenetisch gefeiert.
von  Volker Isfort
Gerhard Polt in den Münchner Kammerspielen.
Gerhard Polt in den Münchner Kammerspielen. © Sven Hoppe/dpa

München - So viele verzweifelte Fans mit "suche Ticket"-Schildern hat man vor den Kammerspielen schon lange nicht gesehen. Kein Wunder, verbirgt sich doch unter den beiden Musikabenden "Auge des Trommelfells" die Wiederbelebung einer kuriosen, vor drei Jahrzehnten entstandenen Freundschaft. Elf Jahre nach dem letzten gemeinsamen Bühnenabend fanden Die Toten Hosen, Gerhard Polt und die Well-Brüder zu einem frenetisch gefeierten Abend wieder zusammen. Und sie haben sich große Mühe gegeben.

Wenn Campino mit dem Alphorn kämpft

Seit Tagen probten die Musiker zusammen, denn erstmals spielten sie nicht in Blöcken ihre eigenen Sachen, sondern alle Nummern gemeinsam. Das klingt bisweilen nach asymmetrischer Unterstützung, denn während die Well-Brüder bekanntlich nahezu alle Instrumente beherrschen, sieht das bei den Hosen ein wenig anders aus. Aber es ist natürlich für Fans ein großer Spaß, wenn Campino den Bayerischer Defiliermarsch auf der Trompete begleitet oder verzweifelt mit dem "Gigaliner der Hausmusik", dem Alphorn, kämpft.

Als thematische Klammer des Abends schlüpft Polt in die Rolle eines windigen Talentförderers, der ein Auge auf die Band geworfen hat und sie mit Auftrittsmöglichkeiten im Augustinum und bei Feuerwehrfesten locken möchten. Nachdem die Well-Brüder mit "Schweinsbraten für Europa" und die Hosen mit "Gegenwind der Zeit" ihre Anti-Rechts-Songs gespielt haben, muss der Talentförderer einschreiten: Finger weg von der Politik, das haben die "ganz Großen" wie der Karl Moik oder das Naabtal-Duo auch nie gemacht.

"Wir sind Fusion, wie der Gourmet sagt: Schweinshaxe mit Sushi und Currywurst Pommes", hatte Campino den Abend angekündigt, aber das ist nur Koketterie. Die bayerische Bläserunterstützung beseelt die akustisch vorgetragenen Hosensongs wie "Laune der Natur" oder "Wünsch Dir was" ungemein.

Im zweiten Teil des Abends fällt musikalisch jede Hemmschwelle: Campino versucht sich als Papageno, Stofferl Well begeistert mit seinem Milli-Rap für einen fairen Milchpreis und Gerhard Polt holt seinen "Mambele"-Klassiker aus der Schatztruhe. Mit "You never walk alone" wollen die Musiker das Publikum nach Hause schicken, aber dazu ist die Stimmung viel zu euphorisch.

Sie hätten keine Zugaben, sagt Campino, nachdem sie sich beim chaotischen Proben sicher gewesen wären, keine zu benötigen. So verabschiedet sich Campino mit "Freunde" und dem Lob, dass die Well-Brüder und Polt eine der spannendsten Begegnung der Band in ihrer 35-jährigen Geschichte seien. Recht hat er.

Gerüchten zufolge kommen die Hosen im Rahmen einer Hallentour noch einmal in diesem Jahr nach München. Aber so schön wie in den Kammerspielen kann der Abend ja kaum werden.

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