Kraftklub im Zenith: Erdiger Sound auf der Kletterbühne
Felix ist ein guter Kletteraffe und wirkt mit seinem Kraftklub am besten, wenn er sich an ein Geländer oder Gerüst klemmen kann, hangelt und klettert. Darum ist's als gute Idee zu verbuchen, dass die Rock-Rap-Crossover-Band bei ihrem Mitgrölklassiker "Karl-Marx-Stadt" auf einer kleinen Bühne mit Geländer durchs Zenith geschoben wird. Die Absperrung kostet zwar einige hundert Karten im ausverkauften Zenith, dafür heizt die mobile Bühne die Stimmung noch weiter an. Die ist bei einem Kraftklub-Konzert traditionell überkochend gut.
Die Musik ist erdig mit so viel Dreck, wie der Mainstream verträgt und die Lyrics eingängig. Die Themen sind jene, die suburbane Zwanziger bewegen (Herz kaputt, Exfreundin und Berlin doof, keine Kohle) und da bewegen sich nach drei Bier sogar die Männer am Samstagabend. Dafür sorgen neben Frontmann Felix auch sein Bruder Till am Bass, Gitarrist Steffen, Karl, der für das melodiöse Singen zuständig ist und Gitarre spielt und Schlagzeuger Max.
Kraftklub verzichten auf Chichi, drücken stattdessen mit ihrem Sprechgesang und Mitsing-Refrains wie "Und ich schieße in die Luft – bam, bam, bam" oder "Spring aus dem Fenster für mich" vom neuen Album "Keine Nacht für niemand" frontal nach vorne. Das birgt wenige Überraschungen und wird weitestgehend so gespielt, wie man die Songs von mittlerweile drei Alben kennt.
Ein Element stört jedoch beim Konzert
Zwei Stunden gradaus Konzert und Party, unterbrochen von einer Glücksrad-Show, bei der ein Fan mit roten Kraftklub-Hosenträgern den Song "Scheissindiedisko" erdreht – alternativ hätte es auch einen Coversong oder eine Raucherpause gegeben. Gecovert wird später trotzdem, zusammen mit der Support-Band Blond, die wie Kraftklub aus Chemnitz sind und sympathischerweise von Kraftklub-Felix persönlich vor ihrem Vorband-Auftritt angesagt werden. Zusammen covern sie "Rock & Roll Queen" von The Subways und hauen danach "den krassesten Rapsong" aller Zeiten raus, die Danke-Single "500K", dazu wird selbstironisch gebreakdanct.
In einem solch stimmigen Stimmungskonzert ist die Hau-Drauf-Selbstironie von Kraftklub das einzig störende Element. Jahrelang wurde den netten Jungs gesagt, dass es eben jene Selbstironie sei, die sie so sympathisch mache und es scheint der Punkt erreicht, wo sie in dieser brechenden Reflexion anfangen schräg rüberzukommen. Wenn Frontmann Felix ins Publikum geht und dazu plappert "Fankontakt – gerade in Zeiten von Social Media ist das wichtig. Das generiert Likes", dann will man ihm zurufen (und das sei auf diesem Wege nun erledigt): "Hey, Felix. Klappe halten und machen. Die Fans mögen euch nämlich nicht nur wegen der eingängigen Musik und der verlässlich guten Konzerte, sondern weil ihr ganz nah an ihnen dran seid."
Ansonsten: Weiter so. Und für die nächste Tour könnten sie einen Kletterpark auf die Bühne bauen. Dann wäre so ein Konzert noch cooler.
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