"Kino der Kunst": Wenn Bilder wieder laufen lernen
Wer beeinflusst wen? In München treffen sich Film und Bildende Kunst heuer bei einem neuen Großereignis: Vom 24. bis 28. April findet das Festival „Kino der Kunst“ statt. Den Auftakt bildet die Diskussion „Museen – die Kinos der Zukunft?“. Mit auf dem Podium sitzt Heinz-Peter Schwerfel, der die Kölner Kunstfilmbiennale (2003- 2009) ins Leben rief. Er ist künstlerischer Leiter von „Kino der Kunst“.
AZ: Herr Schwerfel, ist „Kunst und Kino“ die Wiederauflage der Kunstfilmbiennale?
HEINZ-PETER SCHWERFEL: Nein, es geht mehr um das Verhältnis von zeitgenössischer Kunst und Kino, um Kunstfilme, in denen Fiktion und Erzählung wichtig sind. Im Fokus sind Bildende Künstler, die mit Kinomethoden arbeiten. Es wird keine Videokunst, keine abstrakten Experimentalfilme und Dokumentationen geben.
Warum München?
Das passt besser zu München, weil es ja eine wichtige Filmstadt ist. Zugleich sind die Museen sehr aktiv. Sammlung Brandhorst, Sammlung Goetz und Pinakothek der Moderne kümmern sich um das bewegte Bild in der Gegenwartskunst. Es herrschte von Anfang an – die Planung läuft seit Herbst 2010 – großer Enthusiasmus auf Seiten des Kunstministeriums, weil dieses Festival zugleich die Möglichkeit bietet, das Publikum der Kunststadt, die ja im internationalen Wettbewerb Berlin hinterherhinkt, zu verjüngen.
Wer ist dabei?
Die oben genannten Häuser werden Mehrkanalinstallationen zeigen, außerdem Kunstakademie, Arri-Kino und HFF. Im Theatiner läuft ab Mitte März eine Reihe mit Künstler-Filmen, das Filmmuseum zeigt Avantgarde-Filme aus den 20ern in sechs Veranstaltungen mit Live-Musik. Aber das eigentliche Event ist das Festival im April.
Was ist mit dem Haus der Kunst, da präsentiert doch die Sammlung Goetz ihre Kunstfilme?
Das macht nicht mit. Zwar ist Chris Dercon einer der Museumsdirektoren, die gleichberechtigt Film und Bildende Kunst zeigen; er ist derjenige, der das in München begonnen hat. Aber Okwui Enwezor arbeitet an etwas Anderem.
Wie sieht das Festival aus?
Es gibt einen internationalen Wettbewerb mit zwei großen Preisen und einem Publikumspreis. Wir hatten sensationelle 1100 Einreichungen! Darüber hinaus gibt es den von Arri gestifteten Preis für das interessanteste Nachwuchsprojekt sowie die von Louis Vuitton gestiftete Auszeichnung für ein außergewöhnliches Gesamtwerk. Insgesamt belaufen sich die Preisgelder auf 50000 Euro.
Welche Künstler können Sie fürs Festival schon nennen?
Von Isaac Julien wird eine Retrospektive gezeigt, im Programm laufen Filme u.a. von Steve McQueen, einem der derzeit wichtigsten Medienkünstler überhaupt, und Julian Schnabel, den manche als Filmemacher für interessanter halten, denn als Maler. Cindy Sherman sitz in der Jury, von ihr läuft „Office Killers“, Pipilotti Rists Kinofilm „Pepperminta“ wird zu sehen sein. Das Museum Brandhorst präsentiert zudem ab März die britische Künstlerin Gillian Wearing, von ihr gibt es einen schönen Kinofilm.
Inwiefern sind Museen die Kinos der Zukunft?
Das basiert auf der These von Lars-Henrik Gass, der auch am Podium teilnimmt, dass das Kino nicht nur als Ort, sondern mit ihm die Ästhetik des Kinos abhanden gekommen ist. In Museen findet inzwischen oft Spannenderes statt, weil dort nach andren kommerziellen und ästhetischen Regeln und für ein anderes Publikum produziert werden kann. Da kann man experimentieren. Die Filmindustrie ist dazu zu kommerziell, der Mainstream nicht für Neuerungen offen.
Das Museum will doch bewahren, nicht erneuern.
„Museum“ steht für Kunstinstitution allgemein. Aber ich will das auch nicht zu meiner These machen, wir stellen lediglich Fragen. Alexander Horwarth etwa, Direktor des Wiener Filmmuseums, ebenfalls auf dem Podium, ist ganz anderer Meinung. Fest steht, die Filmindustrie ist in der Krise. Und in der Kunst herrscht ein anderer Begriff von Geld. Ein Künstler wie Isaac Julien, dessen Filme zwar auch mehrere Millionen Euro kosten, ist nicht von Einspielergebnissen abhängig. Aber er muss sechs Exemplare seiner Filme verkaufen, damit er in der Gewinnzone ist.
Diskussion am Dienstag, 20 Uhr, Kunstakademie mit Regisseur Dominik Graf und Kunsthistoriker Walter Grasskamp