Jung, frisch und frech
Zum vierten Mal innerhalb von acht Tagen musste Intendant Paul Müller vor dem Konzert auf dem Podium der Philharmonie erscheinen, um den Abonnenten die Erkrankung von Lorin Maazel und die daraus resultierenden Änderungen des Programms mitzuteilen. Einem Besucher reichte das offenbar nicht aus. Wie in der Schule hob er die Hand und bat um weitere Informationen über den ihm unbekannten Dirigenten. Er erfuhr, dass Gustavo Gimeno unlängst für Mariss Jansons beim Concertgebouw Orchestra eingesprungen sei – und setzte sich brav wieder hin.
Spätestens nach den Auftritten in New York war klar, dass Richard Strauss für die Münchner Philharmoniker derzeit kein Problem darstellt. Bei Gustavo Gimeno ist „Till Eulenspiegel“ kein milde gestimmter Alt-Revoluzzer, sondern einer, der mit jugendlich frecher Aufmüpfigkeit gegen das Establishment kämpft. Zügige Tempi, drastische Klangabenteuer – derart vorwärts drängend spontan, die Bläser virtuos am langen Zügel gehalten, hört man das selten.
Langsamkeit statt Ruhe
Das Kontrastprogramm dazu boten die von Anja Harteros gewohnt souverän gestalteten „Vier letzten Lieder“. Schade, dass der spanische Dirigent hier Ruhe mit Langsamkeit verwechselte, woran aber auch die Sängerin ihren Anteil hatte, die immer wieder die Andante-Melancholie mit Adagio-Pathos befrachtete.
Im zweiten Teil wiederholten die Philharmoniker die bereits in der vergangenen Woche überaus erfolgreich präsentierte „Romeo und Julia“-Auswahl von Prokofjew und Tschaikowsky (AZ berichtete). Mit einem Konzert in Hamburg unter Zubin Mehta beginnen sie heute ihre Deutschland -Tournee mit Abstechern nach Luxemburg und Villach.