Jazzsommer mit Dee Dee Bridgewater

Audio von Carbonatix
We exist! We exist! We exist!“ Was Dee Dee Bridgwater zum Ende ihres umjubelten „Jazzsommer“-Konzerts mantra-artig, mit gereckter Black-Power-Faust in den Festsaal des Bayerischen Hofs diktiert, ist eine klare Ansage: Ihr habt’s ja gerade gehört, es gibt uns, die starken Jazz-Frauen.
Die jüngsten Kritiker-Umfragen, etwa des amerikanischen Jazz-Magazins „Down Beat“, geben der Diva Recht. In allen Kategorien nehmen Musikerinnen mittlerweile vordere Positionen ein. Sie sind wahrlich keine Minderheit mehr.
Huldigung an Nina Simone, Mary Lou Williams, Abbey Lincoln
„We exist!“ heißt ein neues Projekt der 75-jährigen Sängerin, die sich auf der Bühne mit drei gestandenen Bandleaderinnen umgibt: der Pianistin Carmen Staaf, der Bassistin Rosa Brunello und der Schlagzeugerin Shirazette Tinnin. Mit ihnen zusammen verneigt sich Bridgewater vor den Jazzerinnen, die den Frauen von heute den Weg bereitet haben, es in ihrer Lebenszeit aber oft ziemlich schwer hatten - vor allem, weil sie nicht für Lieblichkeiten standen, sondern für Aussagen.

Das Konzert war eine Huldigung für Nina Simone, Mary Lou Williams, Abbey Lincoln - und ein Abend der Protest-Songs, die uns daran erinnern, dass es so weit wir zurückdenken können politisch schon immer turbulent oder grausam zuging. Ohne Zeigefinger, aber mit viel Nachdrücklichkeit führt die mondäne Dee Dee durch das Programm, mahnt das Publikum, dass es aufbegehren soll, wenn Werte wie Demokratie in Gefahr sind. Zeigt es den Mächtigen: We exist!
Musikalisch verausgabt sich die Powerfrau, singt oft mit furienartiger Schärfe. Besonders berührend sind Momente, in denen das Megärenhafte in einem sanften, fast verletzlichen Flackern mündet, wie etwa im Song „Strange Fruit“, den Billie Holiday 1939 sang. Er handelt von der Lynchjustiz an Schwarzen im Süden der USA. Zum Ausklang dieses Klassikers scheint Dee Dee Bridgewater fast die Stimme wegzubrechen. Manch einem im Festsaal saß bestimmt ein Kloß im Hals. Ovationen.
Die Entdeckung: Tyreek McDole
Diese Begeisterung hatte sich auch der junge Bariton Tyreek McDole verdient, der anschließend im Nightclub den starken Eindruck seines kürzlich erschienenen Debüts bestätigte. Was für ein Sänger: unglaublich wendig, mit Nuancen spielend, seinen immensen Stimmumfang unangestrengt durchmessend, Verzierungen klug dosierend. Dieser hochsympathische Mann, der auch noch durch kluge Ansagen auffällt, ist einer, der bleiben wird. Ganz sicher. In seiner Generation gibt es nicht viele, die das drauf haben was Tyreek McDole während des „Jazzsommers“ zeigte.

Der „Jazzsommer“ im Bayerischen Hof geht mit einem Konzert der Sängerin Christie Dashiell (heute, Donnerstag, Nightclub, 20 Uhr) weiter und klingt nach weiteren Konzerten mit einem Gig des Jazz Departments der „Söhne Mannheims“ aus (Samstag, 26. Juli, Nightclub, 20 Uhr).
Im Atrium des Hotels ist noch eine Fotografieausstellung der Sammlung Stephen Hoffmann mit Jazz-Größen zu sehen. Und das Astor-Kino im Haus zeigt Musikfilme (heute „La vie en rose“, Fr, „Lala Land“ und Sa, „Ray“, jeweils 18 Uhr)
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