James Francies: Die feinsinnige Seite der Wucht

James Francies, der texanische Shooting- Star des Jazz, ist am Samstag in der Unterfahrt zu erleben.
von  Ssirus W. Pakzad
James Francies ist der texanische Shooting- Star des Jazz.
James Francies ist der texanische Shooting- Star des Jazz. © SWP

Der Mann würde auch als American Football-Profi durchgehen: was für ein Kreuz, was für Oberarme. Die geballte Power, die die bullige Statur des Texaners James Francies verheißt, kommt allerdings nicht in der Arena zum Einsatz, sondern in vielschichtiger Musik, die bei aller Wucht auf Kraftmeierei verzichtet. Am Samstag gastiert der 27-jährige Keyboarder mit dem Bassisten Joe Sanders und dem Schlagzeuger Gregory Hutchinson in der Unterfahrt.

"Flight" und "Purest Form", die beiden beim legendären Label Blue Note erschienen Solo-Alben des James Francies, verraten mit jedem Takt, warum der aus Houston stammende Musiker zu den Shooting Stars des Jazz gehört: aus zeitgenössischem Jazz, Hip Hop-Grooves und R & B filtrierte der Hüne eine explosive Kreation, die ganz eigene Züge trägt. "Wenn mir selbst Menschen wie meine Partnerin, die sonst nichts mit Musik zu tun haben, sagen, dass man meinen Stil sofort erkennt, weiß ich, dass ich auf dem richtigen Weg bin", lachte James Francies, als wir ihn vor einigen Monaten trafen.

 "Wie er mit Synthesizern umgeht, ist wirklich einzigartig"

Dass dieser Typ etwas Besonderes hat, ist so mancher Musik-Größe früh aufgefallen. Der Schlagzeuger Jeff "Tain" Watts engagierte Francies, als dieser gerade 18 Jahre alt war. Questlove von "The Roots", Lauryn Hill, der Gitarrist Pat Metheny und der Saxofonist Chris Potter gehörten zu denen, die um jeden Preis mit dem Tastenmann arbeiten wollten. Potter sagt über ihn: "James ist wirklich super talentiert und von unglaublich schneller Auffassungsgabe. Was du dir mit anderen Musikern mühsam erarbeiten musst, setzt er aus dem Stand heraus um. Und wie er mit Synthesizern umgeht, ist wirklich einzigartig."

In der Tat konnte Francies, der mit vier Klavier zu spielen begann und schon im Vorschulalter in der Kirche auftrat, an den elektrischen Keyboards einen Sound entwickeln, an dem man ihn sofort erkennt. Er programmiert seine Tasteninstrumente übrigens selbst. Er sagt: "Ich liebe es im akustischen Trio zu spielen und mag auch den Umgang mit Elektronik sehr. Am Ende des Tages bin ich in erster Linie Pianist. Alles andere ist nur eine Erweiterung."

Welches Instrument er auch gerade spielen, welche Stilmittel er auch gerade nutzen mag - James Francies' Tun ist davon beeinflusst, dass er - wie Jean Sibelius, Olivier Messiaen, György Ligeti oder die Jazz-Bassistin Linda May Han Oh - Synästhetiker ist: Er ordnet Klängen Farben zu. Empfindet er seine Stücke eher als Kompositionen oder wie Gemälde?

"Eher wie ein Gemälde", sagt James Francies. "Um es verständlich zu machen: stell Dir einen Pool oder eine Pfütze vor. Bringt man die Wasseroberfläche in Bewegung, schimmert es hier pink und dort blau. Es fühlt sich an wie ein Eintauchen in die Farben. Jede Harmonie ist für mich ein großes Ereignis, das ich als durchdringende Erfahrung wahrnehme. Mein Gehirn scheint außerdem stets Umrisse zu entwerfen - die sich mit den Farben vereinen. Vielleicht lässt sich mein musikalisches Wirken irgendwie mit Kubismus vergleichen."

9. Juli, Unterfahrt, 20.30 Uhr, Einsteinstraße 42, Tickets zu 28/ 14 / 20 Euro, Karten unter Telefon 089 448 27 94

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