Interview

„Ja, wir glauben an Magie“: Faun - neues Album „Hex“

Faun hat ein neues Album: „Hex“. Bandmitglied Laura Fella erzählt über die Magie des Mittelalters und die verschiedenen Fan-Typen
Johanna Kippe |
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Mit orientalischem Einfluss: Faun (v.li.) Adaya Lancha de Baïracli Levy, Alexander Schulz, Bandgründer Oliver Pade, Stephan Groth, Niel Mitra und Laura Fella.
Mit orientalischem Einfluss: Faun (v.li.) Adaya Lancha de Baïracli Levy, Alexander Schulz, Bandgründer Oliver Pade, Stephan Groth, Niel Mitra und Laura Fella. © Iseris Art

Bei der Münchner Band Faun trifft Altes auf Neues und Mittelalter auf Mystik, sodass die ganz eigene Klangwelt der Pagan-Folk-Gruppe entsteht. Gerade hat Faun ihr neues Studioalbum „Hex“ herausgebracht. Die dazugehörige Tour wird sie am 25. Oktober auch nach München bringen. Die Band um Gründer Oliver Satyr besteht seit 1999 mit wechselnder Besetzung. Laura Fella wurde vom Fan zum Bandmitglied.

AZ: Frau Fella, Ihr neues Album „Hex“ spielt bereits im Titel auf die Hexe an, eine Figur zwischen weiblichem Empowerment und unschuldiger Verurteilung und Verfolgung. Was verbinden Sie mit der Hexe?
LAURA FELLA: Wir sind darauf konditioniert uns eine alte, verwarzte, böse Frau vorzustellen. Für mich hat es lange gedauert mich von diesem Bild zu entfernen. Jetzt mit Mitte 30 sehe ich Hexen ganz anders: als freie, weise Frauen, die ihr Wissen anwenden, um anderen Menschen zu helfen.

Das Cover des neuen Albums.
Das Cover des neuen Albums. © afm records

Was erwartet uns musikalisch auf dem neuen Album?
Das vorherige Album „Pagan“ war für uns schon eine Befreiung und „Hex“ ist jetzt der logische nächste Schritt. Es ist ein großes Ja zu dem, was wir sind. Musikalisch erwartet einen eine große Prise Weltmusik, mit orientalischen Klängen, nordischen Klängen und vor allem ganz vielen faunischen Klängen. Ich hoffe, dass sich ganz viele Menschen in dem Album verlieren werden. Ich muss sagen, es ist mein Lieblingsalbum.

Sie sind auch sprachlich sehr breit aufgestellt, zum Beispiel auch mit türkischen Einflüssen.
Der Song „Umay“ geht auf eine alttürkische pagane Religion zurück. Ich glaube, ich habe keinen Song öfter geprobt als diesen, da uns diese Sprache so fremd ist.
Haben Sie Tricks, um diese uns so fremden Sprachen zu lernen?
Als ich mit 15 das Singen für mich entdeckt habe, habe ich viel eine schwedische Band gehört und in meiner eigenen Lautschrift die Aussprache notiert. So mache ich das teilweise immernoch.

Sie sind 2017 zu Faun dazu gestoßen. Wie kam es dazu?
Als ich jung war, war ich selbst Fan von Faun. Mit 15/16 bin ich mit Faun auf den Ohren durch die Wälder meines Heimatortes im Münchner Osten gewandelt. Dann habe ich die Band aus dem Blick verloren. Auch durch meine Erziehung habe ich erstmal einen ganz anderen Weg eingeschlagen und habe bei BMW gearbeitet. Ich habe aber immer davon geträumt Musikerin zu sein. 2015 oder 2016 habe ich wieder bei Faun reingehört und habe dann - auf meine Anfrage - irgendwann eine Nachricht von unserem Sänger Oliver Satyr in meinem Postfach gefunden. Sowohl stimmlich als auch menschlich hat es einfach gepasst.

Der Kern der Band: Laura Fella, Oliver Pade, Adaya Lancha de Baïracli Levy.
Der Kern der Band: Laura Fella, Oliver Pade, Adaya Lancha de Baïracli Levy. © Iseris Art

Seit der Gründung 1999 hat sich die Zusammensetzung von Faun immer wieder verändert. Wie beeinflussen diese Metamorphosen den Sound der Band?
Fast alle Bands, die so lange existieren wie Faun, haben Lineup-Wechsel. Es ist total schön, dass wir immer wieder Leute gefunden haben, die nicht einfach in die Fußstapfen treten, sondern auch ihre eigne Note mit reinbringen. Sei es mit Adaya, Alex oder mit mir. Das hat sich immer organisch entwickelt.

Welche eigene Note haben Sie zu Faun gebracht?
So einen Song wie „Gwydion“ wäre ohne mich sicher nicht entstanden. Ich komme aus einer härteren Schiene, aus der Richtung Prog-Rock, Prog-Metal oder Punk-Rock. So habe ich eine härtere Klangart mit reingebracht.
Nicht nur die Bandzusammensetzung von Faun, auch die ganze Musikindustrie hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Hat sich die Musik von Faun durch die Streamingdienste verändert?
Überhaupt nicht. Aber wir als Musiker spüren natürlich schon, dass viel weniger CDs verkauft werden. Es stellt uns schon vor Herausforderungen: Wann veröffentlichen wir? Wie viel veröffentlichen wir?
Spüren Sie Druck streaming-freundliche Songs zu produzieren?
Nein, wir haben zum Glück unser eigenes Label und sind darum künstlerisch niemandem Rechenschaft schuldig. Beim Songwriting arbeiten wir als Team und sind erst dann zufrieden, wenn alle zufrieden sind. Es gibt Songs, die sind innerhalb von einem Monat fertig, an anderen haben wir zwei Jahre oder noch länger gearbeitet.

Die Band Faun in der ZDF-Benefizgala „Willkommen bei Carmen Nebel“ im Velodrom in Berlin.
Die Band Faun in der ZDF-Benefizgala „Willkommen bei Carmen Nebel“ im Velodrom in Berlin. © imago / Pop-eye

Zuletzt waren Sie auf Tour in Nordamerika, im Oktober sind Sie in ganz Europa unterwegs. Ist die Mittelalterbegeisterung dort genauso groß wie in Deutschland?
Oh ja! Es ist wirklich krass, vor allem in den USA. Dort sind gerade Wikinger und Ahnenforschung - also woher komme ich, was sind meine Wurzeln? - ein Riesenthema. In unserer Musik finden die Menschen dort dieses Herkunftsgefühl. Wir glauben die Verbindung mit sich selbst fehlt in der heutigen Zeit, da die Menschen so sehr in der Tech-Welt leben, obwohl wir eigentlich Teil der Natur sind. Das ist auch etwas, wofür Faun steht: Wenn wir uns mehr als Teil der Natur fühlen, fühlen wir uns auch mehr in Frieden und zuhause. Wir gehören in die Natur. Das ist auch eine Bewegung, denn wir stehen dafür ein, dass wir mit der Natur in Einklang leben und sie schützen.

Ist die Rückkehr zur Natur und das Eintauchen ins Mittelalter für Sie mehr Kunst- und Bühnenfigur oder Lebensstil?
Wir tauchen in Fantasiewelten ein. Ins echte Mittelalter will niemand von uns zurück. Aber das romantisierte Mittelalter in unsrer Fantasie ist auf jeden Fall eine Zuflucht. Ich selbst lebe das nicht, aber ich finde es super schön, auf Mittelaltermärkte zu gehen oder Fantasy-Serien anzuschauen. Die Liebe zur Natur, das Pagane lebe ich genau wie der Rest der Band. Wir glauben an Magie und daran, unsere Leben selbst gestalten zu können. Dazu wollen wir auch die Menschen ermutigen: einen Schritt aus dem Gewohnten raus zu wagen.

Wie kann das gelingen?
Da muss jeder seinen eigenen Weg gehen. Einfach mal im Mondlicht leben, nicht drüber nachdenken, sondern ein bisschen länger wach bleiben und Freunde treffen. Und es gibt ja auch andere Wege, wie zum Beispiel Trance. Das ist alles ganz individuell.
Machen Sie vom Bühnenbild bis zu Ihren Outfits immer noch viel selbst?
Auf jeden Fall. Ich mache meine Kostüme größtenteils selbst. So nimmt man auch eine gewisse Energie mit auf die Bühne. Das gleiche gilt für die Instrumente. Alex hat auf der letzten Tour Rasseln von einem mexikanischen Schamanen gekauft. Ich habe meine Trommel aus Elchfell von einer nordischen Schamanin bekommen, die sie selbst gebaut hat. Das muss alles eine Seele haben, damit auch die Musik eine Seele hat.

Ist die Konzertstimmung in den verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich?
Es kann schon in Deutschland stark variieren. In südlichen Ländern ist das Publikum aber doch noch temperamentvoller. Bei unsern Club-Shows in der Türkei tropft es praktisch von der Decke, weil es so heiß ist, die Leute so krass tanzen und wie Feuer dabei sind. Das steckt dich als Musiker auch an, wenn Menschen plötzlich mit Trommeln in der ersten Reihe stehen. In München ist die Stimmung auch immer besonders ausgelassen. Darum freuen wir uns sehr auf den Auftritt im Circus Krone.

Samstag, 25. Oktober, 19 Uhr, Circus Krone, Karten bei Münchenticket, Album: „Hex“ (afm Records)

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