Itchy: Deutsche Sprache als kreativer Booster
Nach dem Namenswechsel beschreitet die süddeutsche Punk-Rock-Band Itchy abermals einen neuen Weg: Ihr neues Album "Ja Als Ob" ist das erste, das komplett auf Deutsch gehalten ist. Nach 19 Jahren Bandgeschichte hat sich die Gruppe aus Eislingen an der Fils selbst vor neue Herausforderungen gestellt und auch ein Stück weit neu erfunden. Doch genau das war es, was die Kreativität der Band beflügelt hat, wie Sänger und Gitarrist Sebastian Hafner (37) im Gespräch mit der Nachrichtenagentur spot on news verraten hat.
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Herr Hafner, warum kommt der Schritt, auf Deutsch zu singen jetzt, und nicht zum Beispiel als Rundumschlag mit der Namensänderung vor zwei Jahren?
Sebastian Hafner: Die Antwort darauf ist: Warum nicht jetzt? Es gab nie einen Masterplan, in dem wir den sinnvollsten Zeitpunkt dafür bestimmt haben. Es gab auch keinen speziellen Grund oder Auslöser dafür. Zu dem Zeitpunkt, als wir mit dem Songwriting für das Album angefangen haben, kam uns einfach die Idee, auszuprobieren wie es sich anfühlt, wenn wir einen Song auf Deutsch schreiben. Und das haben wir getan. Wenn es sich nicht echt oder natürlich angefühlt hätte, hätten wir die Idee wieder verworfen. Natürlich haben wir uns als Schwaben auch gefragt, ob wir das überhaupt können!
Sie sind aber dabeigeblieben.
Hafner: Wir haben schnell bemerkt, dass wir uns damit wohlfühlen und es uns Spaß macht. Außerdem hat uns die neue Situation dermaßen inspiriert, dass der kreative Output noch einmal deutlich gestiegen ist. Wir haben insgesamt fast 50 Songs geschrieben, was uns später bei der Endauswahl der Lieder auch vor große Herausforderungen gestellt hat. Nach ein paar Wochen hat es sich jedenfalls so angefühlt, als hätten wir schon immer auf Deutsch gesungen.
Welche konkreten Möglichkeiten und Herausforderungen haben sich ergeben?
Hafner: Durch die Muttersprache kann man wirklich auf den Punkt bringen, was man eigentlich ausdrücken will und sich nicht hinter Phrasen verstecken. Die Menschen hören schlicht und einfach immer zuerst auf den Text und wenn dieser in ihrer Muttersprache ist, dann insgesamt auch genauer hin. Wir selbst haben bemerkt, dass wir unsere Musik ganz anders wahrnehmen und ganz anders hören. Wir haben noch nie so intensiv an den Texten gearbeitet, wie dieses Mal.
Auch die musikalische Ausrichtung hat sich dadurch durchaus verändert.
Hafner: Wir haben schon immer großen Wert darauf gelegt, abwechslungsreiche Alben zu schreiben. Wir wollen uns nicht ständig wiederholen und uns langweilen. Außerdem sind wir drei musikalisch sehr breit gefächert. Dieses Mal haben sich durch die "neue Sprache" so viele neue Möglichkeiten aufgetan und wir wollten uns absolut keine Grenzen setzten, weshalb das Album eben sehr vielschichtig geworden. Wenn jemand sagt, dass sich der Sound weiterentwickelt hat, dann ist das für mich ein Kompliment. Der Sprachwechsel war wie eine Frischzellenkur. Welche Band hat nach so vielen Jahren die Möglichkeit, etwas komplett Neues auszuprobieren und sich aufs Neue herauszufordern? Das ist ein absolutes Privileg.
Hätte es dieses Album in diese Form auf Englisch nicht gegeben?
Hafner: Bestimmt nicht. Dadurch, dass wir aus unserer Komfortzone herausgetreten sind, wir uns neuen Risiken und Aufgaben gestellt haben und eben nicht den bequemen Weg gegangen sind, sind naturgemäß der Sound und die Texte anders. Außerdem: Wir sind jetzt 19 Jahre dabei. Uns war klar, dass wir nicht die Zeit haben, uns über mehrere Alben auszuprobieren. Wir wussten, wir müssen qualitativ direkt abliefern. Alles fühlt sich transparenter an, man macht sich auch verwundbarer, weshalb alles noch genauer auf die Qualität hin überprüft wurde. Das war ein langer und intensiver Prozess.
Haben Sie durch die neue Art zu texten mehr von sich, mehr Privates preisgegeben?
Hafner: Ich denke schon, ja. Man kann sich nicht mehr hinter seinen Texten verstecken. Wir haben uns gegenseitig viel intensiver auf den Zahn gefühlt und immer wieder hinterfragt, was wir wirklich mit dieser oder jenen Zeile aussagen wollen, bis wir die Kernaussage herausdestilliert haben.
Sie persönlich hatten in den letzten Jahren den einen oder anderen Schicksalsschlag zu verkraften. Haben Sie diese mit dem Album verarbeitet?
Hafner: Es gab sicher einige Songs, in denen ich wirklich mein Herz ausgeschüttet habe. Zum Beispiel habe ich in einem den Tod meines Vaters verarbeitet. Das war ein sehr emotionaler Prozess. Aber dieser Song hat es nicht auf das Album geschafft, weil er stilistisch nicht gepasst hat. Sein eigenes Baby sozusagen zu verstoßen, ist natürlich hart, aber wenn man so einen hohen Output hat, bleiben nun Mal sehr viele Stücke auf der Strecke. Am Ende geht es einfach darum, das bestmögliche in sich stimmige Album herauszubringen. Das hat immer die oberste Priorität.
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