Interview mit dem Dirigenten Christian Vásquez
Mitte der 1970er Jahre hatte José Antonio Abreu eine Vision: Er gründete „El Sistema“, ein System von Kinder- und Jugendorchestern mit inzwischen 300<TH>000 Mitgliedern, um Kindern aus notleidenden Familien eine Alternative zum Leben auf der Straße zu geben. Heute gastiert das Teresa Carreno Youth Orchestra of Venezuela unter Christian Vásquez zum ersten Mal in München.
AZ: Herr Vásquez, wer ist oder war eigentlich Teresa Carreno, die Namenspatronin des Orchesters?
CHRISTIAN VASQUEZ: Die Tochter eines venezolanischen Pianisten galt zu ihrer Zeit als „Walküre des Klaviers“. Sie war eine berühmte Pianistin. In dritter Ehe war sie ab 1892 bis Oktober 1895 mit dem deutschen Komponisten Eugen d’Albert verheiratet, mit dem sie in ihrer „Villa Teresa“ im sächsischen Coswig lebte.
Viele Konzertbesucher haben schon von Gustavo Dudamel und dem Simon-Bolivar-Jugendorchester gehört. Was hat Ihr Orchester damit zu tun?
Wir sind der jüngere Bruder. Ich habe bis 2009 als Geiger im Simon-Bolivar-Orchester gespielt. Es hat sich mittlerweile von einem Jugendorchester zu einem professionellen Klangkörper weiterentwickelt. Mein Orchester hat das gleiche Ziel. Dann wird auch in ein paar Jahren einmal das Wort „Youth“ im Namen wegfallen.
Wie wurden Sie Dirigent?
Ich war neun Jahre Geiger im San Sebastian de los Reyes es Symphony Orchestra. Einmal hat mich der Dirigent gebeten, vor einem Konzert die Nationalhymne zu dirigieren. So hat es angefangen. Später studierte ich bei Antonio Abreu, seit 2013 bin ich Chef des Symphonieorchesters im norwegischen Stavanger.
Was spielen Sie in München?
Wir beginnen mit dem „Don Juan“ von Richard Strauss. Es ist eine große Ehre für uns, dieses Stück in der Geburtsstadt des Komponisten zu spielen. Tschaikowskys Musik spielt in den Programmen der venezolanischen Jugendorchester eine große Rolle. Deshalb die Symphonie Nr. 6, die „Pathétique“. Manuel de Fallas „Dreispitz“ steht für die spanischen Wurzeln unserer Kultur.
„El Sistema“ steht wegen der Nähe zum umstrittenen „comandante presidente“ Hugo Chavez und seinem Nachfolger in der Kritik.
„El Sistema“ wird bald 40 Jahre alt – es begann lange vor der Präsidentschaft von Chávez. Es ist ein soziales Projekt für junge Leute, nicht nur in Venezuela, und wird in der ganzen Welt kopiert. Wir sind ein Botschafter unseres Landes, aber mehr noch für die Musik und die Zukunft der Jugend. Wir sind Künstler, keine Politiker.
Aber Sie werden von einem Staat finanziert, der die politische Opposition unterdrückt.
Kommen Sie zu uns und erleben Sie die Leidenschaft und Energie unserer Konzerte. Unsere Botschaft ist der Frieden und ein besseres Leben!
Gasteig, Dienstag, 26. Mai, 20 Uhr, Karten 29 bis 79 Euro ab 19 Uhr an der Abendkasse