Hochspannung im Niemandsland
Geiger Christian Tetzlaff bei den Münchner Philharmonikern unter Jungstar Philippe Jordan.
Wagners „Lohengrin“- Vorspiel zum Einstieg ist nicht ungefährlich. Dennoch beginnen Konzerte in schöner Regelmäßigkeit mit dem feinen auratischen Flirren zum ersten Akt. Auch der gehypte Philippe Jordan hatte Lust drauf, allerdings schienen die Finger mancher Philharmoniker noch winterlich klamm.
Man vernahm einige Nahtstellen im sphärischen Minimal-Crescendo der Geiger, mal davon abgesehen, dass die Akustik der Philharmonie solche kleinen Makel noch pusht. Vermutlich war die Probenenergie vor allem in György Ligetis höllisch diffiziles Violinkonzert (in der fünfsätzigen Version von 1992) gewandert.
Und gleich im Vivace luminoso hatten die Streicher gut zu tun, gleichsam aus dem Nichts die schrägsten Flageoletteflächen (zum Teil Skordatur) auszubreiten, in langsamen Steigerungen, die höchste Contenance fordern. Christian Tetzlaff erhielt damit eine wunderbare Basis für seine nervösen Arpeggien, in die sich immer fürwitziger werdendes Blech einmischte.
Die Aria des zweiten Satzes bildet mit der Kantilene der Sologeige die quasi vorweggenommene Erlösung – und Tetzlaff kostete sie in betörenden, melancholiesatten Tönen aus (die in der Aufnahme von Frank Peter Zimmermann eine noch souveränere Ruhe atmen). Niemandsland dann im Intermezzo, das rapide in gespanntes Durcheinander mündet, doch Jordan behielt in der schieren Anarchie den Überblick. Im vierten Satz beeindruckten vor allem die Holzbläser, Tetzlaff rührte darüber in Wolken aus Glas.
Und zum Schluss noch einmal impulsives Chaos – so engagiert, so konzentriert würde man die Philis gern öfters hören. Unabhängig davon, dass hier nur zwei Dutzend Musiker auf der Bühne gewerkelt haben. Leider klang Schumanns zweite Sinfonie wieder nach Verschnaufpause. Aber da waren dann auch dem braven Philippe Jordan die Ideen ausgegangen.
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