Hellsongs: Lounge-Musik für Heavy-Metal-Fans
Natürlich lassen sich Slayer-Texte nicht in leichtes Gewand packen, ohne dabei einen Aufschrei der Gralshüter des Heavy Metal zu provozieren. Ein Glück, dass sich die schwedische Band Hellsongs davon noch nie hat beeindrucken lassen.
Deutschland - Slayers Riff-Massaker "Seasons in the Abyss" als tieftraurige Ballade? "Iron Man" von Black Sabbath als fröhlicher und leichter Popsong? "Frevel!", schreien da schon die ersten vorlauten Internet-Lästermäuler und lassen außer Acht, dass die Lieder der schwedischen Band Hellsongs vor allem eine Hommage an den Heavy Metal und dessen Texte sind. Das Trio aus Göteborg covert bekannte Schwermetall-Stücke in einer leichten, beschwingten Art mit rein akustischer Instrumentierung, wobei der Fokus immer auf den Lyrics liegt.
Hören Sie hier in das neue Hellsongs-Album "These Are Evil Times" rein
Zugegeben: Die musikalische Laufbahn auf die Interpretation fremder Songs zu gründen, ist ein gewagtes Konzept. Doch bei Hellsongs geht die Rechnung auch deswegen auf, weil sie in der Höllenmusik, die sie covern, verwurzelt sind. "Ich höre Heavy Metal seit den 80er-Jahren, als ich ein Teenager war", erzählt Gitarrist und Bandgründer Kalle Karlsson im Gespräch mit der Nachrichtenagentur spot on news. Die Idee für das Hellsongs-Konzept kam ihm Anfang 2000, als er ein Cover der Maiden-Nummer "The Number of the Beast" von Zwan hörte, einem Nebenprojekt vom Frontmann der Smashing Pumpkins, Billy Corgan. "Ich habe das Original davor bestimmt schon tausend Mal gehört, aber bei dieser Version habe ich zum ersten Mal bewusst den Text wahrgenommen und verstanden. Erst da habe ich begriffen, dass es so viele vergessene Metal-Songs gibt, deren Zeilen wirklich wichtig sind."
2004 präsentierten sie sich erstmals vor kleinem Publikum in Schweden. Den Gesang übernahm die mittlerweile ausgestiegene Sängerin Harriet Ohlsson, Johan Bringhed sitzt bis heute am Piano. "Die Resonanz auf den Auftritt war so gut, dass wir wenig später tatsächlich unser erstes Album veröffentlichen konnten." Nach "Hymns in the Key of 666" (2008) und "Minor Misdemeanors" (2010) sowie einer kurzen Schaffenspause kehrten Hellsongs Ende August diesen Jahres mit "These Are Evil Times" sowie neuer Sängerin zurück. Siri Bergnéhr, die zwischenzeitlich das Mikro übernommen hatte, musste nach einem Schlaganfall aussteigen, für sie singt nun My Engström Renman.
Auch auf der neuen Scheibe wurden waschechte Schwedentod-Nackenbrecher von At The Gates ("Cold") sowie Entombeds "Eyemaster" in zerbrechliche Balladen verwandelt. "Engel" von Rammstein erhielt ein Disco-Sound-Gewand, und zum ersten Mal finden auch komplett eigene Kompositionen den Weg auf das Album. "Das wollten wir schon immer mal machen, bisher hat uns aber die Zeit gefehlt, eigene Stücke zu schreiben. Aber wir werden das wohl in Zukunft beibehalten und immer wieder selbstgeschriebene Songs unter Cover-Versionen mischen."
Bemerkenswert ist auch das neue Album-Artwork: Ronald McDonald mit Hitler-Gesicht und einem Hemd in den schwedischen Farben Blau und Gelb. Die Geschichte dahinter? "Naja, wie der Titel schon sagt: Es sind schlechte Zeiten, zumindest hier in Schweden. Rechtes Gedankengut bekommt wieder mehr Zuspruch. Nicht nur bei uns. Auch in Ungarn, Frankreich oder den Niederländern. Das ist wie im Mittelalter und hat uns bei der Produktion sehr beschäftigt", erklärt Kalle.
Der schwedischen Heimat kehren Hellsongs derzeit nicht nur sinnbildlich den Rücken zu - noch bis November läuft ihre Tournee durch Deutschland und Österreich. Das Publikum ist dabei bunt gemischt. Die Anzahl der "echten" Metal-Fans schätzt Kalle bei den Live-Konzerten auf 30 bis 40 Prozent. "Der Rest kennt viele Klassiker, die wir covern, gar nicht. Denen gefällt einfach die Musik."
Auch die Reaktionen seitens der Original-Künstler fallen durch die Bank positiv aus. "Europe-Drummer Ian Haugland hat unsere Version von 'Rock The Night' in seiner Radio-Show gespielt", erzählt Karlsson stolz. Auch Iron-Maiden-Sänger Bruce Dickinson ließ ausrichten, dass ihm das "Run to the Hills"-Cover sehr gut gefallen habe. Derart prominentes Lob sollte schließlich auch die Internet-Lästermäuler endgültig zum Schweigen bringen.
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