Grigorij Sokolov spielt Schumann und Chopin

Wenn die Musik allein für sich spricht: Grigorij Sokolov mit Musik von Schumann und Chopin im Herkulessaal der Residenz
Robert Braunmüller |
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Der russische Pianist Grigorij Sokolov.
Bellarte Der russische Pianist Grigorij Sokolov.

Es ist wirklich eindrucksvoll, wie dieser Pianist unter die fast banale Melodie von Robert Schumanns C-Dur-Arabeske nach ein paar Takten einige kühle Bass-Noten legt. Noch umwerfender ist die orchestrale Klanggewalt, die Grigorij Sokolov danach in der Fantasie op. 17 entfesselt. Da wird das Klavier im restlos ausverkauften Herkulessaal zum Riesenorchester.

Gewiss: Sokokov kann auch enttäuschen – etwa mit seiner zahmen, klassisch maßvollen Aufnahme von Beethovens sperriger Hammerklaviersonate. Bei den Romantikern ist dieser Pianist dagegen ganz in seinem Element: Die spielt er ganz natürlich, ohne jeden Manierismus. In jedem Augenblick entstehen Schumann und Chopin neu, als wäre Sokolov nicht der Interpret dieser Musik, sondern ihr Komponist. Der 66-jährige Russe hat Sinn für den ungeheuren enthusiastischen Schwung und das Feuer dieser Musik. Und das lässt sich nicht technisch bannen, das erlebt man nur im Saal.

In der Fantasie fielen ein paar Noten unter den Tisch. Aber es ist besser, ein Künstler spielt auf Risiko, statt das Tempo vorsichtig zurückzunehmen. Die Nocturnes in H und As-Dur verstand Sokolov mehr als (laut-direktes) Präludium für Frédéric Chopins Sonate Nr. 2, die ohne Unterbrechung folgte: Hier zeigte er exemplarisch, dass wie aufregend diese Musik wird, wenn man die Grenzen eleganter Noblesse hinter sich lässt und ihre wilde, zerrissene Romantik hervorhebt.

Sokolovs Chopin ist glühend wie brodelnde Lava. Etwa in der entfesselten Klangmacht des vorwärtsdrängenden Kopfsatzes und im aufgewühlt-wilden Scherzo. Den Trauermarsch meißelt in Granit. Den Mittelteil versteht er ohne Drücker als dessen strenges Echo. Dann steigerte er die Wiederholung des Marschs zur Götterdämmerung. Und selbst dann war noch eine interpretatorische Steigerung möglich: Die fahlen Sechzehntel des Finales ließ Sokolov ganz als rätselhafte, atemlose Irrlichterei stehen.

Dieser Pianist gebietet souverän über das musikalische Material. Sokolovs Synthese aus geistiger Durchdringung und virtuoser Technik ist meisterlich. Und es ist immer sympathisch, wie wenig dieser Pianist aus sich macht: Er tritt ganz hinter der Musik zurück. Und die gab es überreich: Als Zugabe folgten fünf Moments musicaux aus Franz Schuberts op. 94 (ohne die Nr. 1) und mit einer, wenn nicht alles täuscht, eingeschobenen Mazurka von Chopin. 

Sokolov spielt dieses Programm am 9. August um 21 Uhr noch einmal bei den Salzburger Festspielen. Am 12. März 2017 gastiert er wieder im Münchner Herkulessaal, Infos und Karten unter Telefon (089) 811 61 91

 

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