Faschingskonzert mit Zubin Mehta
Das bessere Neujahrskonzert: Die Münchner Philharmoniker unter Zubin Mehta mit Mozart, Johann Strauss Sohn und Fritz Kreisler
Die Idee des Wiener Neujahrskonzertes wurde heuer von einem allzu ehrfürchtigen Gustavo Dudamel nicht zur Gänze realisiert. Ins Werk gesetzt wird sie nun, etwas zeitversetzt – in München, mit unseren Philharmonikern unter Zubin Mehta. Das kommt nicht ganz von ungefähr. Kein lebender Orchesterchef hat bislang die Wiener Traditionsveranstaltung häufiger dirigiert als Mehta. Allein statistisch gesehen also war der 80jährige Ehrendirigent der Münchner eine perfekte Wahl für deren philharmonisches Faschingskonzert. Auch im Orchester übrigens sitzt die Erste Besetzung.
Schade, dass der jüngere Kollege Dudamel nicht gesichtet wurde, er hätte viel über die Kunst des Wiener Musizierens lernen können. Mehta dirigiert auswendig, mit sparsamen Bewegungen, deren Genauigkeit man nur elegant nennen kann. Auch im flexiblen Rubato stimmt das Orchester überlegen zusammen, aber nicht bloß durch zwingende Zeichengebung, sondern von innen heraus. Zu Beginn des Walzers der Ouvertüre zu „Der Zigeunerbaron“ von Johann Strauss Sohn schweben die Auftakte magisch in der Luft, in der Einleitung schafft der Kontrast der tiefen Unisono-Streicher zu den freien Bläsersoli unaufdringlich Spannung. Die „Annen-Polka“ schließt mit einem noblen, nicht äußerlich-knalligen Akkord.
Liebesleid und Liebesfreud
In den „Frühlingsstimmen“ kommt der dritte der Walzerschritte, echt wienerisch, mit unmerklicher Verzögerung. Dazu singt die israelische Sopranistin Chen Reiss das Solo bei aller leichtfüßigen Eile unerhört deutlich und gegliedert, mit viel Material auch noch in der Höhe. Ein Coup der besonderen Sorte ist das Blasorchester mit Tenorhörnern, das Carl Michael Ziehrers „Schönfeld“-Marsch stolz schmettern lässt wie eine Marschkapelle
–
nur ein bisschen kultivierter.
Gegenüber dem originalen Wiener Neujahrskonzert ist die Einfügung eines Solokonzertes, welches das ewige Klein-Klein der Nummernfolge unterbricht, eine angenehme Neuerung. Julian Rachlin balanciert in Mozarts Violinkonzert Nr. 3 G-Dur geschickt die zart empfindsamen Momente mit den übermütigen aus und hält dann in Fritz Kreislers „Liebesleid“ und „Liebesfreud“ das Halbseidene so rattenfängerisch wie geschmackvoll.
Fehlt also nur der „Radetzky-Marsch“. Oder kann die von Chen Reiss verheißungsvoll gesungene Arienzugabe „Meine Lippen, sie küssen so heiß“ aus Franz Lehárs „Giuditta“ nicht sogar diesen noch vergessen machen?