Farbenfroher Herzschmerz
Stark bei Stimme: Castingshow-Star Leona Lewis in der vollen Philharmonie.
MÜNCHEN - Zuckende Blitze und karge, entlaubte Bäume, deren Äste sich wie Krallen gen Himmel strecken: Um aufkeimenden Ärger zu symbolisieren, greift nicht nur der Gruselfilm zu beliebten Stereotypen. Denn genau der gleichen dramatischen Bildsprache bedient sich Leona Lewis in der vollen Philharmonie, um ihre Beziehungs-Stress-Aufarbeitung „Trouble“ einzuleiten. Von ihr selbst fehlt zu diesem Zeitpunkt plötzlich jede Spur.
Erst als für Lewis ein schneeweißes Klavier hereingefahren wird, schwebt die 28-jährige Britin fast unsichtbar im neuen pinken Kleid wieder auf die Bühne. Ein farbiges Fanal gegen die Mollstimmung des ergreifenden Songs und gleichzeitig der Wendepunkt des 90 minütigen Konzerts.
Hatte Lewis zuvor noch arg oft auf kühl kalkulierten Plastikpop-Bombast – samt gestelzter Möchtegern-Rihanna-Tanznummer – gesetzt, zeigt sie im zweiten Teil des Abends, warum sie als kommerziell erfolgreichste Castingshow-Siegerin gilt.
Es ist die perfekt ausgebildete, ungemein kraftvolle Mezzosopranstimme, die im Ausdruck und Gefühl an eine Mariah Carey in Bestform erinnert, die Lewis aus der Masse der hübschen Pop-Sternchen herausstechen lässt. Mit Verve drückt sie damit der Bruno-Mars-Single „Locked Out Of Heaven“ ihren Balladen-Stempel auf, gedenkt mit zärtlichem Schmelz und Gitarrenbegleitung ihrer verstorbenen Großmutter („Footprints In The Sand“) und singt sich beim Breitwand-Superhit „Bleeding Love“ derart in Rage, bis es die Zuschauer von den Sitzen reißt.
Die späte Konzentration auf ihre herausragenden stimmlichen Qualitäten macht aber auch deutlich, wie unnötig solch optischer Firlefanz wie ständig rauf- und runterfahrende Stofftücher und projizierte Kitsch-Kalendersprüche („Love Begins With A Smile“) sind.
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