Fabio Luisi dirigiert Webern und Mahler

Die Verbindung ist zwingend: Mahlers Neunte und Anton Weberns „Sechs Orchesterstücke“. Eine letzte Symphonie und ein traditionsgesättigter Aufbruch zur Neuen Musik. Webern hat Mahlers Gesten zum Extrakt verdichtet. Das 19. Jahrhundert verdampft, und übrig bleibt, was als Material für die Zukunft taugt.
Die Münchner Philharmoniker brachten beide Werke zusammen. Bei Webern finden über 100 Musiker in einigen grellen Ausbrüchen zusammen. Meist aber spielen sie zarteste, fein gestrichelte Kammermusik. Ehe sich der Zuhörer geräuspert hat, sind die „Sechs Orchesterstücke“ schon wieder vorbei.
Ein wenig handfest
Wer bei Webern ein Solo zu laut ansetzt, hat letztlich schon verloren. Der Dirigent Fabio Luisi setzte mehr auf den großen Zusammenhang. Er ist kein Tüftler. Die große Streicherkantilene im ersten Orchesterstück wäre durchaus nuancierter vorstellbar. Wie immer war fast alles viel zu handfest, die grellen Stellen im zweiten Stück kamen dafür zu leise und wenig überraschend.
Bei Mahlers Neunter betonte Luisi mehr die Gemeinsamkeiten zu Webern als die Unterschiede. Er mied trotz erheblichem Gestenaufwand die ganz große Weltschmerz-Geste und gestaltete mehr eine Musik des Zerfalls und der mühevoll errungenen Synthese. Die Philharmoniker prunkten vor allem im Finale mit einem opulenten Streicherklang.
Manches geriet Luisi widersprüchlich: Über die Misterioso-Stelle im ersten Satz wurde laut hinweggespielt, die Vorahnung des Finales in der Rondo-Burleske könnte auch überraschender einbrechen. Sei’s drum: Luisi liegt die mitteleuropäische k.-und-k.-Musik jedenfalls mehr als die italienische Oper, mit der er in der Vergangenheit allzu oft beauftragt wurde.