Eine Institution in der Krise
Schmuckstück sucht Investor: Der Bach-Chor steckt in finanziellen Schwierigkeiten
Letztes Jahr feierte der Münchener Bach-Chor seinen 60. Geburtstag. Ein Jahr später hat jetzt ein Brief, der schnell zum „Brandbrief“ wurde, Unruhe geschaffen.
Der Vorstand des Trägervereins hat ihn verfasst, und er ging an die Chormitglieder. Darin steht, das dem Chor im kommenden Jahr das Geld ausgehen könnte.
Dabei ist der finanzielle Aufwand des Chores auffallend gering: 60 000 Euro als Grundbetrag decken Verwaltungskosten, Stimmbildungsunterricht und die Bezahlung des Chorleiters Hansjörg Albrecht ab, der seit zehn Jahren im Amt ist.
Vorstandsmitglied Philipp Eder erklärt das so: „Wir sind nicht auf einem Kamikaze-Flug! Aber der Chor und sein Orchester finanzieren sich in erster Linie durch Eintrittskarten. Da muss man sehen, dass unsere Karten praktisch nicht subventioniert sind. Dann haben wir einen wunderbaren Freundeskreis, der uns durch Zuwendungen unterstützt. Und ein großer Punkt sind Auslandseinladungen. Und hier ist uns eine zugesagte Italien- und Osteuropa-Tournee weggebrochen.“
Das Zauberwort Sponsoring und zwei Trümpfe
Die Folge ist, dass eine finanzielle Unterdeckung für das kommende Jahr droht. Eder: „Wir haben den Brief geschrieben, damit wir jetzt schon überlegen, wie wir es in Zukunft weiter hinbekommen, unser großes Spektrum auf hohem Niveau finanziell zu stemmen. Der Chor wird von einem Verein getragen und darf als solcher also keine Gewinne erzielen oder Geld anhäufen. Anderseits müssen wir auch langfristig planen. Das macht es kompliziert.“ Gleichzeitig sind Zuwendungen aber als Spenden absetzbar, was die Attraktivität für Geldgeber steigert.
Der Münchener Bach-Chor umfasst zur Zeit etwas unter 100 Sängerinnen und Sänger. Aus diesem Pool wird dann für die jeweiligen Konzertprojekte der Chor für den Auftritt zusammengestellt. „Natürlich kann nicht jeder immer Zeit haben“, meint Eder: „Darauf müssen wir Rücksicht nehmen. Aber ich würde uns bei unserem Stand an gesanglicher Ausbildung und Probenzeit fast als professionellen Chor bezeichnen, auch weil wir eben kein Projekt-Chor sind, der sich immer neu und dann nur für ein Projekt zusammenfindet.“
Wachsende Konkurrenz
Zweimal die Woche ist Probe beim Bach-Chor, dazu kommen Sonder- und Generalproben vor den Auftritten und die Auftrittstermine natürlich selbst, für die man Zeit finden muss.
Konkurrenz hat der Münchener Bach-Chor durch Ensembles wie die Arcis Vokalisten, die es seit zehn Jahren gibt, oder den auch schon 55-jährigen Münchner Motetten-Chor, der stärker an die Evangelische Landeskirche und hier vor allem an St. Matthäus am Sendlinger Tor-Platz gebunden ist.
Woher der Münchener Bach-Chor in Zukunft also mehr Geld bekommen könnte? Der Freistaat Bayern zahlt bisher 10 000 Euro im Jahr zweckgebunden für die Probenarbeit. Der Freundeskreis des Bach-Chores gibt Einzel-Zuschüsse von 5 000 bis 10 000 Euro. Und das Pharma-Unternehmen Hermes aus Großhesselohe im Besitz der Familie Burges unterstützt bereits die beiden Großkonzerte des Weihnachtsoratoriums und der Matthäuspassion.
Bleibt noch das Zauberwort Sponsoring. Der Bach-Chor könnte mit seinem Namen ein guter Musikbotschafter für den Standort München sein. Wie sagt Vereinsvorstand Philipp Eder: „Wir tragen gleich zwei gute, weltbekannte Namen: Bach und München. Das würde jede Firma hier schmücken.“
Nächstes Konzert: Samstag, 19. September, 19.30 Uhr, Herkulessaal: Händels „Messias“, Münchener Bach-Chor und Bach-Orchester und Solisten, Leitung und Cembalo: Hansjörg Albrecht, 29 - 69 Euro, Telefon 54 81 81 81, www.muenchenticket.de
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