Kritik

Die große Tribute-Welle

„The Simon and Garfunkel Story“ im Circus Krone bringt die größten Hits des Duos überzeugend auf die Bühne
von  Dominik Petzold
"The Simon & Garfunkel Story" ist in Europa und den USA mit verschiedenen Darstellern unterwegs.
"The Simon & Garfunkel Story" ist in Europa und den USA mit verschiedenen Darstellern unterwegs. © Hamish Gill

Auf dem Weg zu „The Simon & Garfunkel Story“ im Circus Krone gehen die Zuschauer an Plakaten vorbei, die eine Show im Oktober ankündigen: „The Music of Queen“. Das wäre nicht weiter erwähnenswert, wenn nicht erst am vergangenen Wochenende „One Vision of Queen“ in der Olympiahalle stattgefunden hätte. Immer mehr Tribute-Shows kommen in die mittleren, mitunter sogar in die großen Hallen. In diesem Jahr konnte man schon falsche Fleetwood Mac erleben, einen Billy Joel namens Elio Pace und diverse ABBAs. Demnächst rocken My’tallica, und nächstes Jahr gibt es in der Olympiahalle „One Night of Taylor“ - dabei trat die echte Swift erst letztes Jahr zwei Mal nebenan im Stadion auf.

Mühelos in die Höhe wie Art Garfunkel 

Auch die beiden jungen Männer, die weder Simon noch Garfunkel heißen, finden ihr Publikum: Der Circus Krone ist zwar nicht ausverkauft, aber gut besucht - und was die Gäste erleben, ist hervorragende Werbung für das Konzept der Tribute-Show: „The Simon & Garfunkel Story“ ist eine runde Sache. Die Produktion vom Londoner West End erzählt die Story der beiden Schulfreunde aus Queens entlang ihrer Songs und Alben: von der Everly-Brothers-Nachahmung „Hey Schoolgirl“, die sie 1957 als Tom & Jerry aufnahmen, und ihrem erfolglosen Debütalbum „Wednesday Morning, 3 AM“ von 1964 bis zum Multi-Millionen-Seller „Bridge Over Troubled Water“ von 1970.

Die Darsteller Israel Bloodgood (Simon) und Luke Hogan (Garfunkel) erzählen die Geschichte des Duos knapp und schnörkellos zwischen den Songs - und die singen sie hervorragend. Die makellosen Zauber-Harmonien tun ihre Wirkung, ob bei „Bleecker Street“ oder „Leaves That Are Green“, und als Solist bekommt Luke Hogan begeisterten Applaus für „For Emily, Whenever I May Find Her“. Wie bei Art Garfunkel wirkt der Gesang in höchsten Lagen besonders mühelos, weil die Hände aufreizend lässig in den Hosentaschen stecken.

Paul Simon (r) und Art Garfunkel während eines Konzerts in Köln 2004.
Paul Simon (r) und Art Garfunkel während eines Konzerts in Köln 2004. © Oliver Berg/dpa

Der Musical Director Harrison White spielt zu den Songs entweder Gitarre oder Keyboard, und mit Bassist Nick Martin und Schlagzeuger Harry Denton erzeugt er einen offenen Sound, der auch Lücken lässt. Gerade Lieder der früheren Alben „Sounds of Silence“ und „Parsley, Sage, Rosemary & Thyme“ klingen so spannend, „Richard Cory“ sogar beschwingt und gespenstisch zugleich. Und der Sound kommt oft nahe an die Studio-Originale.

Kein Konzert ohne "Bridge Over Troubled Water"

Aber immer wieder weichen die Musiker auch ab, mit einem swingenden Schlagzeug bei „The 59th Street Bridge Song (Feelin’ Groovy)“ etwa, und so wirkt der Sound niemals museal. Nach der Pause kommen drei Bläser hinzu und geben „Mrs. Robinson“ oder „A Hazy Shade Of Winter“ eine eigene Note.

Und dann mündet die chronologische Show dank eines schlauen Kniffs in eine klassische Konzertdramaturgie. Nach der Produktion von „Bridge Over Troubled Water“ trennten sich Simon und Garfunkel, doch 1981 taten sie sich für das legendäre Konzert im Central Park noch mal zusammen - mit üppiger Band samt Schlagzeug-Gigant Steve Gadd. Und als Harry Denton dessen Wahnsinns-Groove von „Late In The Evening“ mit vier Stöcken spielt, steigt gegen Ende des Abends das Energielevel erheblich. Das wird bei „Baby Driver“ gehalten, und dann verabschieden sich die Musiker mit einem Song der von Simon und Garfunkel über alles geliebten Everly Brothers: „Bye, Bye Love“.

Das Folk-Duo Simon & Garfunkel 1982
Das Folk-Duo Simon & Garfunkel 1982 © picture-alliance / dpa/dpaweb

Aber eine Tribute-Show ist erst zu Ende, wenn der größte Hit gesungen wurde. Als Luke Hogan bei der Zugabe „Bridge Over Troubled Water“ die letzten hohen Noten meistert, springt das Publikum auf, und es bleibt gleich stehen beim abschließenden „The Boxer“. Die allermeisten Zuschauer dürften zumindest als Kind oder Jugendliche erlebt haben, wie Simon & Garfunkel diese Songs veröffentlichten, und nach menschlichem Ermessen werden sie nicht mehr die Chance haben, das Duo noch mal live zu erleben: Beide werden in den nächsten Wochen 84 Jahre alt. „The Simon & Garfunkel Story“ ist ein guter Ersatz. Die Ausstrahlung echter Stars lässt sich nicht ersetzen, aber in einer Hinsicht sind die Musiker dieser Tribute-Show sogar im Vorteil gegenüber den allermeisten Künstlern, die mit ihren eigenen Werken um die Welt ziehen: Alle Songs des Abends sind brillant. Ein Genie hat sie geschrieben.

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