Die Aliens im Plattenladen: Florian Kreier ist Angela Aux
Für sein Album "Instinctive Travels On The Paths Of Space And Time" erhielt er den AZ-Stern des Jahres 2023. Am 31. Mai erscheint schon das nächste Album des Münchner Musikers, Songwriters und Autors Florian Kreier alias Angela Aux: "Spacelarking In The Age Of Spiritual Machines". Am Tag davor präsentiert er es im Volkstheater.
AZ: Herr Kreier, Ihr letztes Album erschien im Mai vergangenen Jahres, nun kommt schon das nächste. Wieso ging das so schnell?
FLORIAN KREIER: Mein Booking-Agent meinte letztes Jahr: "Wenn du auch 2024 Shows spielen willst, brauchst du ein neues Album." Glücklicherweise schreibe ich immer Musik und habe auch immer Lust aufzunehmen. Zum Thema Zukunft hatte ich auch noch nicht alles gesagt.
Bei ihrem Blick in die Zukunft geht es diesmal laut Pressetext um "die fantastischen Graubereiche der Mythologien Digitalisierung, Raumfahrt und Künstliche Superintelligenzen". Was genau dürfen wir uns darunter vorstellen?
Ich denke, wir erleben den größten Umbruch, den dieser Planet bislang gesehen hat. Die Präsenz von alternativen Realitäten - zum Beispiel Religion, aber auch Verschwörungstheorien und politische Fundamentalismen - prägen unsere Zeit. Darüber denke ich viel nach und diese Gedanken landen dann in meinen Songs. Aber sie wirken auch ohne diesen Background. Technologisch nutze ich verschiedene Formen von KI in der Musik.
Wie denn genau?
Ich benutze unter anderem Programme zur Recherche von Sounds und Zitaten. Und ich spiele viel mit Stem-Separation-Tools. Vereinfacht gesagt nimmt man da zum Beispiel einen Beatles-Song und bekommt alle Spuren einzeln aufgesplittet. Man hört also nur die Drums von Ringo Starr oder John Lennons Gitarre. Das ist super zum Samplen und noch besser zum Lernen.
Das Album dreht sich um Zukünftigkeit und Weltraum. Warum zeigen Ihre Pressefotos Sie aber irdisch-heutig im Plattenladen "Best Records" in der Maxvorstadt?
Im "Best Records" treffen sich täglich Aliens und plauschen über geheime Dinge: die wichtigsten Platten aus Kingston in den 60ern, eine japanische Erst-Pressung von Popol Vuh oder die schönste Brian Eno-Produktion. Es ist gleichermaßen Raumstation und Oase in der Wüste, einer meiner liebsten Plattenläden in Deutschland, wie auch Optimal Records.
Wenn Sie Ihr eigenes Album anhören: Welche Einflüsse entdecken Sie da?
Mit Krautrock und Ambient habe ich mich auf den letzten Alben eher zurückgehalten. Die sind jetzt wieder gut zu hören, auch der Einfluss von Radiosendern wie dem Online-Sender NTS, BBC Radio 6 Music oder dem frühen FM4 kommt wieder deutlicher durch. Ich liebe Sampling und Cut-Up, eine Zufalls-Schnitttechnik, das hört man auf dem Album.
Ihre eigene Musik läuft auch weltweit im Radio. Wie kommt's?
So genau weiß ich das auch nicht. Aber als vom französischen Radiosender FIP als Feedback zurückkam, meine Musik klänge wie eine Mischung aus Bob Dylan und Kraftwerk, wussten wir, dass es klappen könnte. Ich beschäftige mich inhaltlich sehr tief mit den Themen Künstliche Intelligenz, Bio-Technologie und den neuen Philosophien des Trans- und Post-Humanismus. So werde ich oft in redaktionellen Sendungen über diese Themen gespielt. Das bekomme ich auch häufig als Feedback von Journalist*innen: "Super, die passende Musik zu dem Thema zu haben".
Wie wichtig ist Radio in Zeiten von Spotify überhaupt noch?
Radio ist extrem wichtig für alle Menschen, die sich ernsthaft mit Musik auseinandersetzen. Es ist schade, dass so viele Radiosender immer noch kommerzieller werden, und das erschwert die Arbeit von Pop-Komponist*innen. Ich hoffe, dass man vor allem in den Öffentlich-Rechtlichen langsam den Weg zurück zu einem ausgewogenen Radioprogramm nimmt. Bayern 2 und vor allem das französische Hörfunkprogramm FIP zeigen, dass es geht.
Sie spielen auf Tour in unterschiedlichen Besetzungen. Wieso?
Im Indie-Bereich herrscht gerade ein verrückter Wettbewerb. Artists wie Angela Aux konkurrieren über internationale Playlists und eine immer globalere Musikindustrie mit Acts, die um ein Vielfaches größer und finanzstärker sind. Ich muss alle Konzerte spielen, die kommen, um zu überleben. Je nach Gage und Größe der Locations passe ich meine Besetzung an.
Viele Künstler und Veranstalter klagen, dass Superstars und Großveranstalter einen noch größeren Teil des Kuchens abbekommen und es für die anderen immer schwieriger wird. Bekommen Sie diese Entwicklung auch zu spüren?
Ich glaube, es war nie einfach, als Independent-Musiker zu überleben. Aber mein Projekt ist momentan eine Wette gegen die eher düstere Zukunft - und da sind Themen wie automatisierte Komposition für Playlisten und digitale Kopien von Artists noch gar nicht mit eingerechnet. Durch die Inflation ist alles teurer geworden, was man zum Touren und Aufnehmen braucht, aber die meisten Menschen geben weniger Geld aus. Angela Aux macht gerade Schulden, aber jetzt aufzugeben ist auch keine Option.
Was ist nach der Tour in Planung?
Ich habe viel zu tun mit meinem Label Inselgruppe und meinem Management Kommune 3. Wir arbeiten mit so tollen Acts wie Vandalisbin, Henny Herz, Maria de Val und Daniel He. Es ist nicht die einfachste Zeit, macht aber mega viel Spaß. Wir suchen gerade eine*n Programmierer*in. Wer Lust hat, ein Indie-Label mit aufzubauen: Meldet Euch gern!
"Spacelarking In The Age Of Spiritual Machines" von Angela Aux erscheint am 31. Mai bei Inselgruppe. Das Release-Konzert findet am 30. Mai um 20 Uhr im Münchner Volkstheater statt, Karten gibt es unter muenchner-volkstheater.de