Der traut sich was!

Ecco Di Lorenzos gnadenlos altmodische neue Jazzplatte  
von  Michael Grill

Ecco Di Lorenzos gnadenlos altmodische neue Jazzplatte

Manchmal entdeckt man auch in einer langjährigen Beziehung noch etwas völlig Neues. Wer das quietschbunte Schaffen des Moderators, Texters und Lach-&-Schieß-Mitglieds Ecco Meinecke sowie seines musikalischen alter ego Ecco Di Lorenzo so einigermaßen verfolgt zu haben glaubt, mag trotzdem überrascht sein, wenn nun ein Album des Ecco Di Lorenzo Quartetts erscheint: Jazz aus einer Zeit, als die Töne blue und die Bilder schwarz-weiß waren. Und ungläubig fragt man: Schatz, warum hast du mir denn nie davon erzählt?

Denn das Quartett existiert tatsächlich schon seit 15 Jahren. Meineckes von Nat King Cole inspirierte Formation war jedoch neben seiner sehr viel bekannteren Innersoul nicht so richtig sichtbar – und ihr Debüt auf Tonträger erscheint erst jetzt. In meist kleiner Besetzung spielt man zusammen. Herausragend: Chris Gall am Piano.

Die Scheibe „Self-fulfilling Prophecies“ ist in vielerlei Hinsicht eine Überraschung: Jazz, Swing, Bossa klassischster Prägung, vorgetragen mit Frack und Fliege – dass es so etwas noch gibt, dass sich das noch einer traut! Meinecke singt dazu ganz überwiegend auf Deutsch, was schwer genug ist im Reich der Jazzphrasierungen, und die Sache noch mehr in Richtung von Opas Jukebox schiebt. Es sind angenehme, elegante Lieder, aber vogelwild aus der Zeit gefallen: Ganz entfernt vom Horizont winkt freundlich mal Sinatra herüber, während links und rechts immer wieder deutsche Unterhaltungsgrößen der 70er auf Showtreppen rumstehen, von Frankenfeld bis Carell. Da ergibt sich ein weites Feld, auch bei einer stilistisch so eng gefassten Veranstaltung.

So hört man zu Beginn auch auf CD ein künstliches, also ironisches Analogknacksen, und dann heißt es in „Sie ist oldfashioned“: „Sogar ihr Herd hat Platten aus Vinyl“ – so könnte das auch im Kabarett hübsch swingen. „Ich bin ein Sieger, ein Königstiger“, knödelt Meinecke später in „Es ist ein Wunder“ als verschmähter Stenz: Das ist durchaus auch stimmlich mutig, und schmunzeln kann man immer.

Diese Musik hat keine Chance, weil sie keinerlei Mode entspricht und in ihrer klassischen Qualität selbst im Jazz-Kontext verschroben abseitig ist. Aber sie ist sehr gut, weil sie so schwebend, unschuldig und leichtsinnig ist. Und weil irgendjemand auch diesen Job machen muss.

Ecco Di Lorenzo Jazz Quartett: Self-fulfilling Prophecies (GLM)

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