Der Dirigent Gustavo Gimeno - eine Neuentdeckung
Eine Karriere bahnt sich an, die eher unüblich sein dürfte. Mehr als zehn Jahre war Gustavo Gimeno Schlagzeuger beim Concertgebouw Orchestra. Dann verspürte er heftige Lust auf mehr: Claudio Abbado förderte ihn. Erst kürzlich, im Februar, sprang er in Amsterdam für den erkrankten Mariss Jansons ein. Das Konzert wurde, glaubt man den Berichten, ein Triumph.
Nun reißen sich die anderen um ihn – so auch die Münchner Philharmoniker, wo der Spanier derzeit den unpässlichen Lorin Maazel ersetzen darf. Bereits in Wagners „Siegfried-Idyll“ zeigte sich, dass er klare Klangvorstellungen hat und der Gier nach publikumswirksamen Kraftakten mit Nachdruck zu widerstehen vermag. Tschaikowskys „Romeo und Julia“-Ouvertüre hat man im Gasteig selten so transparent musiziert erlebt. Auch die Auswahl aus Prokofjews „Romeo und Julia“-Ballett kündete eindrucksvoll von den Qualitäten Gimenos, etwa seiner rhythmischen Kompetenz. Die Philharmoniker, oft nur allzu willig, sich mit eitel präsentierten Kraftakten aus der Affäre zu ziehen, bewiesen eindrucksvoll, dass sie auch zu sensibler Zurückhaltung fähig sind, wenn man sie von ihnen einfordert.
Schade nur, dass Gustavo Gimeno vor der Pianistin Khatia Buniatishvili allzu demütig in die Knie ging. Die Georgierin musizierte Rachmaninows „Paganini“-Rhapsodie undiszipliniert und exzentrisch. Sie weigerte sich, Zusammenhänge zwischen den einzelnen Variationen zu erkennen und trieb auf diese Weise ihre Mitstreiter gnadenlos vor sich her. Soweit sollte die Höflichkeit eines Dirigenten nun doch nicht gehen, tatenlos zuzusehen, dass sich die Musik auf einen Irrweg begibt.