Brutal und zerbrechlich

Constantinos Carydis und der Geiger Leonidas Kavakos im vierten Konzert der Musikalischen Akademie in der Staatsoper
Robert Braunmüller |
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Brutal und zerbrechlich Constantinos Carydis im vierten Konzert der Musikalischen Akademie in der Staatsoper

Noch vor seinem ersten Ton bangte man um den Solisten. Der Dirigent Constantinos Carydis begann mit grosser, energischer Geste - wörtlich und im übertragenen Sinn. Die stark besetzten Streicher des Bayerischen Staatsorchesters trugen am Beginn von Johannes Brahms' Violinkonzert satte Farben im Monumentalformat auf und kultivierten, was man den "deutschen Klang" nennt.

Wie soll sich ein einzelner Mann mit einer zarten Geige dagegen durchsetzen? Leonidas Kavakos schaffte es. Seine Stärke ist zwar der schlanke, süsse Ton, den er etwa in der Tranquillo-Passage nach der Kadenz von Joseph Joachim oder im langsamen Satz ausspielen konnte. Aber er musste auch in den dramatischen Passagen kaum forcieren. Seine Kraft reichte bis zum grossen Showdown im temperamentvollen Finale. Das bestens besuchte Nationaltheater liess ihn erst nach zwei Bach-Zugaben ziehen.

Schon im Brahms-Konzert wurde deutlich: Carydis ist ein Dirigent, der über Sinn und Zusammenhang jeden Takts musikalisch Rechenschaft ablegt. Beste Voraussetzungen also für Dmitri Schostakowitschs Symphonie Nr. 5, die vordergründig die Wünsche der stalinistischen Kunstpolitik erfüllt und diesen Klassizismus untergründig mit Rätseln unterläuft. Carydis liess die brutalen Kraftakte ebenso deutlich ausspielen wie fragile Stellen. Aber er tat nie, als sei das alles selbstverständlich.

Der Kopfsatz brachte bereits eine Vorwegnahme des Finales, das Scherzo war wilde Maschinenmusik, das Largo ein tragisches Zentrum. Im Finale unterlief Carydis den Hurra-Patriotismus durch eine stählerne Verhärtung des Klangs. Eine Meisterleistung, auch dank des glänzend aufgelegten Staatsorchesters.

 

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