Black Sabbath - letzte Runde durch die Unterwelt

Black Sabbath haben noch einmal ein Album in Originalbesetzung eingespielt – und Rick Rubin hat den alten Geist beschworen
Christian Jooß |
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Black Sabbath haben noch einmal ein Album in Originalbesetzung eingespielt – und Rick Rubin hat den alten Geist beschworen

Ausnahmsweise irren die Zenmeister der Hölle: „Du kannst eine Seele nicht exhumieren“, prophetet Ozzy in „God is Dead?“. Stimmt nicht, machen nur wenige. Man muss Seelen eben ausgraben, bevor sie leichenstarr sind.

Tony Iommy, Geezer Butler, Ozzy Osbourne – nur Drummer Bill Ward ist über Bord gegangen, lebt aber noch: Es ist das erste gemeinsame Studioalbum von Black Sabbath, seit Ozzy die Band im Herbst 1977 verließ. „13“ heißt es, Rick Rubin hat es produziert. Es endet, wie alles begann: Glockentöne, Regen.

Tony Iommi hat Lymphknotenkrebs und Ozzy, der seit Jahren als wandelnder Drogenschaden lebt, hat eben mal wieder einen Alkoholrückfall publik gemacht. Sabbath geben sich ernsthaft noch einmal eine Welttournee. Am 30. November ist das einzige Deutschlandkonzert in Dortmund. Ganz egal, wie das dann in Birmingham endet, das Album hat finale Würde.

Banderleuchter und Soundheiler Rick Rubin hat diese Gruppe einmal gereinigt. Weg ist die Metalschlacke, mit der Ozzy heute solo unterwegs ist. Der Wind pfeift durch „God is Dead?“, so schleppend ist der Beat gestellt. Ozzys Stimme, die zwischen Grab und Verdammnis nach dem Schöpfer forscht, hat die dem Teufel geschuldete Alterslosigkeit und den ihm selbst geschuldeten Humor: „Give me the wine, you keep the bread“. Natürlich ist Ozzy nicht allein witzig, sondern traditionell ist für die Küchenphilosophie der Texte Geezer zuständig.

In diesem wabernden Streben nach was auch immer, muss es einen Spröden geben: Iommis Eisenrüstungsriffs in Kombination mit dem Kettenrasseln der Solos. Viele können es besser – aber keine Gitarre hat so tropfende Lefzen.

Die Birmingham-Proleten Black Sabbath waren nichts für eine Rockgemeinde, die Anfang der 70er Hochkulturpop liebte. Hier gab es Teenage Angst, Comic, Pubertätsdepression, Horrorfilm und psychedelischen Satanismus. Die schönen, wahren Dinge, mit denen man am Ende der Tage doch ehrlicher durchs Leben gleitet.

„Age of Reason“ – mit sphärisch verschwimmendem Chor ist das die Musik für die Messe und in seiner tempowechselnden Montiertheit, die immer das Primitive ausstellt, eine Verhöhnung jedes Konzeptrocks. Alles läuft bestens: Ein Hit ist auf „13“ weit und breit nicht in Sicht, wird schon grundsätzlich nicht angesteuert. Die beiden ersten Songs reißen gleich die 8-Minuten-Marke.

Für alle religiös Übersteuerten gibt es zum Einstieg in „Damaged Soul“ rückwärts laufende Tonbänder. In digitalen Zeiten wird Satanas nostalgisch. Dass es mit „Dear Father“ abschließend um einen pädophilen Priester geht, rundet die Apokalypse ab.

Das Lachen am Anfang von „Zeitgeist“, Feedback-Loop, die fiesen Bongos, die Akustikgitarre – während Ozzy über das Weltall nachdenkt, bricht trotz Retroeffekten die geriatrische Bedenklichkeit seines Lebens über die Stimme herein. Aber diese Band steht noch. Die Zukunft ist heute eine dunkle Erinnerung.

Black Sabbath: „13“ (Mercury/Universal)

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