Barcarole mit Bier und Bratwurst

Beim Open Air am Gärtnerplatz schütteln sich E- und U-Kunst die Hand – zum Vergnügen von Promis und Ottonormalzuhörern  
Christa Sigg |
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Beim Open Air am Gärtnerplatz schütteln sich E- und U-Kunst die Hand – zum Vergnügen von Promis und Ottonormalzuhörern

Irgendwo im Gewurl muss der Schweini abgetaucht sein. Dass er sich nicht ins geldige Grünwald verzupft hat, wie die meisten seiner FC-Bayern-Kollegen, freut die Leute am Gärtnerplatz. Und mehr noch Josef Köpplinger. Der neue fußballbegeisterte Theaterintendant hätte den wortkargen Mittelfeldkontrolleur wahrscheinlich gerne in die Stuhlreihen seiner Ehrengäste gepflanzt, so zwischen Kunstminister Heubisch und die Kessler-Zwillinge.

Aber als gewiefter Taktiker ließ sich Bastian Schweinsteiger auf dem prall gefüllten Platz alle Möglichkeiten offen, zur Not die eines Rückziehers. Der war allerdings gar nicht nötig. Besucher, die sich beim Gärtnerplatzfest nur Bier und Bratwurst genehmigen wollten, blieben hängen. „Sowas pack’ ich ja noch“, raunzte ein Ledermann mit dekorativem Nasenring überm Schnäuzer – da war gerade der Achte von Dvoráks schmissigen Slawentänzen dabei, ordentlich auf Touren zu kommen.

Marco Comin, der neue Chefdirigent, gibt Gas. Er weiß, was an der frischen Luft gefragt ist, und hat keinerlei Scheu vor Populärem. Schon gar nicht vor der leichtfüßigen Klassik mit folkloristischer Landescouleur. Die programmatische „Reise durch Europa“ hatte Schmackes und zugleich feinen Esprit. Der Venezianer bemühte sich jedenfalls hörbar um Details – die glückten trotz Verstärkermalheur besonders in Rossinis „Tell“-Ouvertüre – und verlor das große Ganze nie aus den Augen. Der Abend hatte Drive, was sich zog, waren die zachen Bonmots vereinzelter Politprofis.

Ansonsten machten die Amuse gueules des famos disponierten Gärtnerplatzorchesters Appetit auf die kommende Spielzeit: Mit tenoralem Schmäh brachte Daniel Prohaska beim „Zuschaun kann i ned“ drei ältere Damen auf „Rössl“-Kurs – „dann fahr’ mer halt zum Schuttberg naus“ (ab 11.10. in Fröttmaning). Und Mathias Hausmann ließ in Donzettis „Don Pasquale“-Hit „Bella siccome un angelo“ (ab 25. 10. im Cuvilliés) italienische Opernstimmung aufkommen, nachdem die Damen Naidu und Ortiz Arandes mit Offenbachs „Barcarole“ in die Nacht schipperten.

Bravo dröhnte es von den Dächern, dann warf sich ein völlig gelöster Marco Comin mit John Williams „Raiders March“ indianajonesmäßig in die letzte Runde – bevor BettyMü der Theaterfront durch knallbunte Videos psychedelischen Swing verpasste. Nett war’s, nur auf das Synthie-Gewumme hätte man gerne verzichtet.

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