AZ-Kritik zum Auftritt im Kesselhaus
Eines stellt er von Anfang an klar: Die Berliner mögen sich „arm und sexy“ nennen, aber so etwas existiert in München nicht. Hier gibt es laut Markus Stoll alias Harry G entweder „reich und schön“ oder „reich und greislig“, und Letzteres dürfe man ruhig mit Alfons Schuhbeck assoziieren.
Mit Seitenhieben gegen das Münchner Spießbürgertum und schlecht integrierte Nicht-Bayern hat sich Harry G seit 2013 durch seine YouTube-Clips einen Namen gemacht. In diesen parodiert er die mangelhafte Aussprache von Neu-Bayern bzw. „Zuagroastn“ („Fürti“ statt „Pfiati“) oder macht sich über die verschiedenen Jogger-Typen im Englischen Garten (von Pärchen in Tchibo-Jacken bis hin zu Selfie-knipsenden Frauen in Neon-Tanktops) lustig. Seit 2014 tourt er mit seinem Programm „Leben mit dem Isarpreiß“ durch ausverkaufte Gemeinden und Städte in Bayern. Am Montagabend trat er im ausverkauften Münchner Kesselhaus auf, wo auch die DVD zu seiner Show aufgenommen wurde.
Im Gegensatz zu einem Gerhard Polt, der es versteht, mit subtilen Zwischentönen die Bayern gesellschaftskritisch zu beäugeln oder ihnen pointiert den Spiegel vorzuhalten, bringt Harry G nur Hasstiraden auf alle „Saupreißn“ zustande. Diese, seien es Hessen oder Sachsen, imitiert er mit wenig überzeugendem Dialekt und steckt alle Nicht-Bayern in dieselbe Schublade der hoffnungslosen Fälle. Dazu stellt der studierte Betriebswirt wutentbrannt Dinge klar wie: „Die Schickeria ist eine Münchner Geisteskrankheit!“, und das von Freibier angetrunkene Publikum, teilweise in Tracht, feiert ihn.
Trotz seiner guten Beobachtungsgabe ist Harry G’s bayerischer Grantler-Humor recht platt. Wenigstens einmal, so wünscht man sich, könnte er doch seinen Charme auf der Bühne nutzen, um von einer positiven Anekdote zu erzählen, die das „multikulturelle Leben“ zwischen Bayern und Preißn mit sich bringt.
Lieber sieht der Kabarettist nur weiß und blau und erzählt von seinen Versuchen, die Zuwanderung nach Bayern zu verhindern. Denn das größte Problem ist laut dem Oberpfälzer nicht die Immigration fremder Kulturen, sondern die innerhalb Deutschlands.
Gern fragt der 36-Jährige provokant sein Publikum, wer denn von außerhalb komme und winkt dann mit einem 20-Euro-Schein, um die „Ausländer“ aus Erfurt aus der Zuschauermenge rauszuschmeißen. Und obwohl seine Kritik an unästhetischer Trachtenmode aus China oder dem paradoxen veganen Lifestyle von pelztragenden Münchnerinnen berechtigt ist, ermüdet die permanente Lobhudelei auf die Bayern nach einer Weile.
Am 4. Juli tritt Harry G. auf dem Münchner Tollwood Festival auf. Mit seinem neuen Programm „#HarryDieEhre“ kommt er am 19. April 2017 ins Circus Krone
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