AZ-Konzertkritik: So war Deep Purple in der Olympiahalle
Von wegen zu alt: Die Ur-Rocker von Deep Purple um den 70-jährigen Ian Gillan funktionierten in der Olympiahalle wie eine gut geölte Rock'n'Roll-Maschine. Nur das Publikum ließ zu wünschen übrig.
Boah Alter!
München, wir müssen reden. Wo warst du, bitteschön, am Donnerstag? Hattest du was besseres zu tun? Wobei etwas besseres kaum vorstellbar wäre.
Den Auftritt der Rockband Deep Purple in der Olympiahalle hätte man sich unter keinen Umständen entgehen lassen dürfen – die Halle war aber nur gut halb voll. Das mag damit zusammenhängen, dass die Band seit Jahren derart unablässig tourt, dass gefühlt jeder der sieben Milliarden Menschen auf der Erde schon mindestens zweimal bei einem Deep-Purple-Konzert gewesen ist und meint, nicht mehr hingehen zu müssen.
Ein schwerer Fehler, wie man am Donnerstag in München gesehen hat. Das Konzert war das beste, das Band die seit mindestens 15 Jahren in München gegeben hat. Der 70-jährige Sänger Ian Gillan war so gut bei Stimme wie seit Ewigkeiten nicht, die Band vermittelte eine Spielfreude, die man lange nicht gesehen hat, nur das Publikum – es schwächelte halt ein wenig.
Deep Purple ist ein Phänomen: Seit 1968 mit wechselnden Besetzungen und einer kurzen Unterbrechung am Leben, besteht die Band aus vier Ausnahme-Musikern und einem sehr, sehr netten Bassisten. Insgesamt standen in München 334 Lebensjahre und eine unglaubliche musikalische Erfahrung auf der Bühne.
Die Band kann auf einen schier endlose Liste von Songs zurückgreifen, die an diesem Abend extrem gut funktionieren: Von Highway Star über Lazy und Space Truckin‘ bis hin zu Smoke on the Water und Black Night spielt die Band in fast zwei Stunden alles, was gut und den Fans teuer ist. Neue Songs wie das brillante Uncommon Man oder Vincent Price stehen neben selten gespielten Songs aus den 70-ern wie Demon‘s Eye.
Und alles, wirklich alles gelingt der Band an diesem Abend
Deep Purple funktioniert wie eine gut geölte Rock-‘n‘-Roll-Maschine, die aber eben nicht Routine ausstrahlt, sondern pure Spielfreude. Am Ende wippt sogar der fliegende Bierverkäufer im Publikum mit.
Ian Gillan redet wie früher gut gelaunten Unsinn zwischen den Songs, Steve Morse legt ein Gitarren-Solo hin, das selbst gestandenen Männern die Tränen in die Augen treibt. Don Airey spielt in seinem Keyboard-Solo nach Beethovens Neunter ein paar Takte aus der Marseillaise, und wenn man will, kann man das durchaus als politische Botschaft verstehen. Jedenfalls gibt’s dafür spontanen Applaus.
Na gut, ein wenig Kritik muss schon sein: Es könnte deutlich lauter sein, und offenkundig ist kein Bildschirm der Welt schnell genug, um ein Schlagzeugsolo von Ian Paice in Echtzeit festhalten zu können. Aber sonst? Ein wunderbarer Abend.
Und, München: Du hast eine hervorragende Chance, deinen Fehler vom Donnerstag wieder wettzumachen. Am 19. Juli auf dem Tollwood. Da tritt Deep Purple wieder auf.
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