AZ-Konzertkritik: Andrea Berg zum Anfassen
Piratin, Peter Pan, Drachenreiterin: Andrea Berg (51) ist in 25 Jahren Schlagerkarriere schon in viele Rollen geschlüpft. Am Freitag im Circus Krone war sie aber einfach nur Andrea zum Anfassen. "Hautnah" heißt die Tour, auf der sie im intimen Rahmen mit ihren Fans Silberhochzeit feiert. Und man kann wohl gut und gerne behaupten, dass schätzungsweise jeder dritte Fan im ausverkauften Circus Krone mit seiner Andrea abgeklatscht hat, sie umarmen durfte, mit ihr auf der Bühne war oder sie ihm zumindest zugewunken hat. Denn das "Hautnah" hat die Schlagersängerin mehr als Ernst genommen.
In einem weißen Kleid, das sicher zu keiner Zeit modern war, kommt sie über das Publikum in den ausverkauften Circus Krone: Kerzen, Klaviermusik, Kuschelzeit. "Es ist nie zu spät, weil Liebe alles überlebt", singt die Berg und die Fans halten sich in den Armen und singen jedes Wort mit.
Ihren liebsten Satz "Wisst ihr noch damals" kann Andrea Berg an diesem Jubiläumsabend voll ausreizen. Immer wieder geht sie zu einer Truhe mit Kostümschätzen, wie einem ultraknappen, ultraengen Kleidchen ("Das ziehen wir heute nicht mehr, das hat lauter Löcher, Schätzelein"), ihrem Peter-Pan-Glitzerfummel samt Hut (den sie ihrem neun Jahre alten Fan Katharina anzieht) und als Höhepunkt die erste Platte ihres Papas. "Mamatschi", Heintjes Leid vom Pferdchen, das er sich so sehr wünscht. Da weinen nicht nur die Fans. Auch Andrea Berg wischt sich gespielt verstohlen Tränen aus den Augen.
Doch nicht nur heilig-feierlich soll's zugehen, Andrea Berg erteilt ihren Fans "die Lizenz zum absoluten Ausflippen." Zu diesem Zwecke schleudert sich die Berg gleich zu Konzertbeginn die hohen Hacken von den Füßen, um fortan Karate-Kicks und Sprünge auf der Bühne zu machen oder wild auf der Stelle zu rennen und mit den Händen mystisch vor dem Gesicht zu fuchteln.
Zum Niederknutschen sympathisch
Dazu singt sie die Lieblingslieder der Fans, die für das "Abenteuer Leben"-Album ihre 25 größten Hits benennen durften. In den Texten geht es vornehmlich darum, wie Andrea miese Männer verlassen hat ("Ich werde lächeln wenn Du gehst", "Ich schieß dich auf den Mond") und erstarkt aus dieser Beziehung gegangen ist oder sie zeichnet malerische Mutmach-Bilder wie dem des Feuervogels, der wie der Phoenix aus der Asche steigt oder tolle Coverversionen mit "Nananananana"-Gesängen der Fans vom Schiff, das kommen wird.
Ausgeflippt wird aber nicht nur bei der Aneinanderreihung von Hits, sondern jedes Mal - und das passiert oft - wenn Andrea wieder ins Publikum eintaucht, sich barfuß durch die Fans schlängelt und dabei locker ins strassbesetzte Mikrofon plaudert.
Anrührend, wie sie für Elke und Rudi, die sie in einem Münchner Biergarten getroffen hat, zu ihrem fünfzigsten Hochzeitstag "Sag mir doch" singt. Oder Fan Markus ("Bist du Zahnarzt oder Fußballer?" auf die Bühne holt und Arm in Arm mit ihm "Wenn du mich willst, dann küss mich doch" singt.
Am schönsten ist's aber, wenn Andrea Berg mit einem Augenzwinkern über sich selbst lacht. Als sie erzählt, wie sie vor zehn Jahren mit einer Harley auf die Bühne gefahren ist und eine coole Motorradbraut sein wollte. Statt "Highway to Hell", wie sie sich das als Rockerbraut eigentlich gewünscht hatte, sang sie damals "Da wo ein Engel die Erde küsst". Und zum Niederknutschen sympathisch war die hautnahe Andrea Berg im Circus Krone.
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