Aus dem Leben einer lässigen Schildkröte
Nach der Pause hatten sich die Reihen im Gasteig gelichtet. Ob es daran lag, dass Sibelius noch immer kein Lieblingskomponist der Münchner ist? Vielleicht aber war einigen Besuchern auch nur die aufreizend lässige Gangart, die Lorin Maazel zuvor sich und den Philharmonikern auferlegt hatte, schlicht zu wenig.
Manchmal kann der Maestro geradezu irritierend uninteressiert wirken. Diesmal musste Brahms daran glauben. Dessen Haydn-Variationen wurden mit stoischer Langsamkeit herunter buchstabiert, ein Takt neben dem anderen. Das Orchester folgte der schlimmen Routine seines Chefs mit gnadenloser Konsequenz.
Danach musizierten Lorenz Nasturica-Herschcowici (Violine) und Daniel Müller-Schott (Cello) das Doppelkonzert von Johannes Brahms als ein romantisches „Concerto grosso“, ohne Brillanz oder solistische Durchschlagskraft zu riskieren. Auch hier irritierten die sehr maßvollen Tempi. Musik für Schildkröten.
Dass nach der Pause die heikle zweite Symphonie von Jean Sibelius dann doch noch zu überzeugenden Lösungen fand, war einigermaßen überraschend. Die epische Breite der musikalischen Strukturen bietet eine Menge an Stolpersteinen. Aber hier erwies es sich als unschätzbarer Vorteil, dass Lorin Maazel die Philharmoniker zwar durchaus handfest musizieren ließ, dabei aber stets kühlen Kopf behielt und die heroisch-pathetischen Ausdrucksfloskeln angemessen zu bändigen verstand.
Es schien, als ob sich die Proben ausschließlich auf diese Symphonie konzentriert hätten. Das brachte dann zwar das gewünschte Ergebnis. Aber die Art und Weise, wie Brahms dabei auf der Strecke blieb, war schon sehr ärgerlich.