Acht Körper, ein Klang: Kat Frankie in der Isarphilharmonie

Im Halbdunkeln betreten sie, applausumtost, die Bühne in der Isarphilharmonie, stellen sich in einer Reihe auf: acht Frauen, jede für sich elegant gekleidet. Zunächst lassen sie die Stille wirken, setzen dann gemeinsam einen schimmernden Ton, den sie chromatisch herab- oder hinaufgleiten lassen, was an den alten Kinotrailer für das THX-Soundsystem erinnert. Das Licht wird mit dem Sound hochgedreht, sie stehen in der Helligkeit, verstummen immer wieder, kosten die Stille aus, um dann erneut Klangflächen entstehen zu lassen, die sich leuchtend in Akkorden auflösen können.
Es folgen vereinzelt gesungene Melodielinien, auf die Kat Frankie, Initiatorin und Kopf des Projekts „Bodies“, fingerschnipsend die ersten Textzeilen setzt: „Tell me that we are the same, tell me that you recognize something…“. Unter ihre Stimme mischen die anderen ausgedehnte Töne, der Klang wird voller, sie schnipsen gemeinsam, bekräftigen den Rhythmus durch Fußstampfen, bis sie den Song „The Observable Universe“ ausklingen lassen und wieder im Halbdunkel stehen. Ein fulminantes Warm-Up. Beglückter Applaus.
Der Ursprung des Kollektivs „Bodies“ liegt im Jahr 2018: Kat Frankie trat während des Elbjazz-Festivals in Hamburg in der Katharinenkirche mit einem akustischen Set auf und hatte die Idee, die zweite Konzerthälfte gemeinsam mit einem fünfköpfigen A-Cappella-Ensemble zu bestreiten. Die Resonanz war so positiv, dass Kat Frankie im Januar 2020 zusammen mit sieben Sängerinnen, die teils schon bei ihr Background gesungen hatten, teils über private Kontakte und Castings dazukamen, die ersten „Bodies“-Konzerte gab.
Frisches Material
Aufgrund der Covid-Pandemie musste das Projekt pausieren, aber danach waren sie wieder da, die Sängerinnen – man muss sie unbedingt einzeln nennen – Albertine Sarges, Fama M’Boup, Tara Nome Doyle, Liza Wolowicz, Erika Emerson, Barbara Greshake und Trinidad Doherty. Sowie Kat Frankie, die für die Gruppe einige ihrer Songs neu arrangiert hat und frisches Material hinzufügte. Die Stimmen, die Körper der Performenden als einzige Instrumente auf der Bühne – klar, so funktioniert A cappella, aber die „Bodies“ haben einen eigenen unvergleichlichen Klang gefunden, mit dem sie die großen Konzertsäle füllen, ja, auch mit einer beachtlich gewachsenen Fangemeinde füllen.

Im Grunde setzt Kat Frankie so ihr bisheriges musikalisches Schaffen logisch fort. Bei ihren Soloauftritten nutzte die in Berlin lebende Australierin des Öfteren die Loopmaschine, um kurze Rhythmus- und Melodielinien aufzunehmen und unter ihrem Gesang kreisen zu lassen. In den „Bodies“-Konzerten sorgt das Ensemble für das filigrane Geflecht aus Rhythmus und Gesang, auf das Frankie ihre charismatische Stimme setzt. Dabei ist ein älterer Song wie „Please Don’t Give Me What I Want“ im A-cappella-Gewand kaum wiederzuerkennen. „Oh love, how long, love how long, how long“ singt das Ensemble zu Frankies Solo-Gesang im Loop, ungeheuer eingängig.
Stehende Bodies, überall
Mitunter hat der Abend einen theatralischen Anstrich: Zwei bewegliche hölzerne Keile, die zunächst mit ihren schmalen Seiten zueinander geschoben stehen, dienen als Bühnenbild, auf dem und zu dem sich die acht Sängerinnen positionieren. Bei „A Body of Work“ steht Kat Frankie allein im Scheinwerferlicht, die Gruppe ihr geschlossen und ebenfalls scheinwerferbeleuchtet gegenüber. Was ein sinniges Bild ergibt: der einzelne Körper gegenüber der Arbeitswelt. „Will you judge me from what I make?“, singt Kat Frankie. „Yes, you will be judged from what you make!“, antwortet die Gruppe gnadenlos.

Der Zusammenklang ist jederzeit präzise, manchmal beschwingt, oft andächtig sakral. Mit „Headed for the Reaper“ liefern sie mitreißenden Gospel, „Petrichor“ betört wortlos mit warm pulsierendem Harmoniegesang. Zu Beginn von „Versailles“ bilden sie dicht zusammenstehend ein Rund, bewegen sich daraufhin singend, klatschend, schnipsend im Kreis. Stop-and-Go in musikalischer Eintracht.
Dann schweifen sie aus, bilden zwei Reihen – ein Kollektiv, das sich selbstbewusst den Raum nimmt und das Publikum so begeistert, dass es schon vor den Zugaben kein Halten gibt. Stehende Bodies, überall.