"Murot und der Elefant im Raum“: Die AZ-Kritik
Wer die Handlung eines Murot-"Tatort“ nacherzählt, kann leicht für bekloppt gehalten werden. Versuchen wir es trotzdem: Ein Sorgerechtsfall eskaliert vor Gericht. Die Mutter entführt ihren Sohn in eine Hütte im Taunus. Weil der Fünfjährige auf Nougatflips besteht, fährt sie zum Supermarkt. Die Polizei nimmt die Spur auf, ihr Wagen kommt von der Straße ab, sie fällt ins Koma. Um das Kind zu finden, verbindet sich Murot (Ulrich Tukur) mit ihrem Unterbewusstsein.
Das geht mit Hilfe einer Psycho-Maschine. Natürlich nur im Film. Und ja, das ist haarsträubender Quatsch. Aber Dietrich Brüggemann hat sein dreistes Buch elegant inszeniert und die Rollen mit viel Liebe optimal besetzt. Und der Kinderdarsteller Lio Vonnemann ist herausragend, Nadine Dubois als verpeilte Borderlinerin und Mutter ebenfalls.

Hilfreich dabei: Brüggemann ist kein Zyniker, sondern ein Menschenfreund. Und das ist eine ungewöhnliche Krimi-Farbe. Alle Figuren des Films haben zwar einen Schaden. Aber niemand ist böse. Exemplarisch kann dafür die ausgestiegene Mutter der Mutter (Anne-Kathrin Gummich) stehen, die jeden Kontakt zu ihrer Tochter abgebrochen hat. Oder der anfangs etwas übergriffige Kindsvater (Joseph Bundschuh). Die Szenen im Unterbewusstsein sind ein Spiegel der Wirklichkeit ohne viel Firlefanz.
Sonst erfüllt dieser Krimi, der im Kern nur eine Großfahndung zeigt, die üblichen Erwartungen: Natürlich streiten sich Ärzte untereinander und mit der Polizei, natürlich gibt es das übliche unterhaltsame Kompetenzgerangel einschließlich der Einmischung von Politikern, die keine Verantwortung übernehmen wollen. Natürlich ist der Psychiater auch ein Spinner, und natürlich wird er samt seinen Apparaten aus dem Krankenhaus geworfen und ebenso natürlich kehrt er wieder zurück.

Trotzdem bleibt der Film bis zum Schluss spannend, einschließlich der Suche nach Murots „innerem Kind“.

Zum überzeugenden Ensemble dieses Krimis zählen auch zwei Musiker: Der Besetzungsliste entnimmt man überrascht, dass Heinz Rudolf Kunze den LKA-Präsidenten spielt. Man erkennt ihn nicht. Und der Rammstein-Keyboarder Flake Lorenz tritt als Arzt auf.
Das wiederum bewog, wie erst gestern bekannt wurde, die Schauspielerin und Sängerin Christiane Rösinger noch vor Drehbeginn aus dem Krimi auszusteigen: wegen der bekannten Vorwürfe gegen den Rammstein-Frontmann Till Lindemann.
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