Monteverdi als hedonistische Pool-Party

Andreas Wiedermann über seine Opernproduktion "Queen Poppea" im Müllerschen Volksbad
Robert Braunmüller |
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Andreas Wiedermann stammt aus Deggendorf. Er studierte Regie am Mozarteum. Wiedermann ist Gründer und Leiter der freien Theatercompanies Theater Impuls und Theater Plan B und Opera Incognita.
Robert Braunmüller 5 Andreas Wiedermann stammt aus Deggendorf. Er studierte Regie am Mozarteum. Wiedermann ist Gründer und Leiter der freien Theatercompanies Theater Impuls und Theater Plan B und Opera Incognita.
"Queen Poppea" im Müllerschen Volksbad
Aylin Kaip 5 "Queen Poppea" im Müllerschen Volksbad
"Queen Poppea" im Müllerschen Volksbad
Aylin Kaip 5 "Queen Poppea" im Müllerschen Volksbad
"Queen Poppea" im Müllerschen Volksbad
Aylin Kaip 5 "Queen Poppea" im Müllerschen Volksbad
"Queen Poppea" im Müllerschen Volksbad
Aylin Kaip 5 "Queen Poppea" im Müllerschen Volksbad

Immer um diese Zeit bringt die freie Truppe Opera Incognita alljährlich eine Neuproduktion heraus - meist an einem eher ungewöhnlichen Ort. Diesmal ist es wieder das Müllersche Volksbad, das der Regisseur Andreas Wiedermann 2010 mit einer Aufführung von Mozarts "Idomeneo" als Opernspielort entdeckte. Nun gibt es dort "Queen Poppea" nach Monteverdi.

AZ: Herr Wiedermann, eigentlich heißt die Oper doch "L'incoronazione di Poppea" und Queen wird die Dame auch nicht, sondern Kaiserin. Warum die Änderung?

ANDREAS WIEDERMANN: Ich finde den Originaltitel bräsig. Er klingt außerdem nach Spezialisten für Alte Musik, was wir definitiv nicht sind. Daher habe ich mich für etwas Heutigeres und Poppigeres entschieden. Außerdem beschreibt der Titel den Schlussmoment der Oper. Und auch darauf wollten wir verzichten.

Monteverdis Oper spielt in der römischen Kaiserzeit. Da liegt die Assoziation mit antiken Thermen und damit dem Volksbad nahe.

Wir wollten dort schon seit längerer Zeit wieder spielen, was aber durch Corona verhindert wurde. Außerdem eignet sich ältere Musik für den Raum gut, weil schnelle Tempi und ein romantisches Klangbild dort akustisch nicht funktionieren. Auch Koloraturen wie in Mozarts "Idomeneo" sind schwierig. 2018 haben dort Benjamin Brittens Suggestivmusik "The Rape of Lucretia" gemacht: Die passte gut hinein. Insofern bin ich bei Monteverdi optimistisch.

Und wie steht es mit der Geschichte?

Seneca begeht bei Monteverdi Selbstmord, indem er sich die Pulsadern öffnet - üblicherweise in einer Badewanne.

Dann müssten Sie nach jeder Vorstellung das ganze Wasser austauschen.

Die Idee hatten wir auch, aber das fand man im Müllerschen Vollksbad nicht so lustig. Das lässt sich aber auch mit Licht erzählen. Außerdem dachte ich bei der Handlung der Oper an eine hedonistische Pool-Party, vor allem in unseren Chor-Auftritten. Da entführen wir die Zuschauer auch ein wenig in die Siebziger und Achtziger - nicht von den Kostümen her, sondern vom unspießigen Impetus her.

Bezieht sich der Titel "Queen Poppea" auch auf die Musik?

Bei Monteverdi gibt es eigentlich keinen Chor, wir wollten aber unseren Chor mitwirken lassen. Daher gibt es einige "Queen"-Arrangements von eher pathetischen Nummern. Sie korrespondieren dramaturgisch mit der Handlung: Wenn Seneca stirbt, kommentiert der Chor das mit "Who Wants To Live Forever".

Claudio Monteverdi verlangt viele Countertenöre oder Hosenrollen. Wie lösen Sie das?

Countertenöre sind budgetär für uns schwierig. Daher gibt es bei uns sehr viele Frauen - und mit Seneca einen Mann. Was ja auch etwas erzählt: Die Macht wird unter den Frauen aufgeteilt. Das finde ich schön, weil die meisten Opern eher männerlastig sind und Mezzosopranistinnen oft auf Mutterrollen festgelegt sind.

Wie ist das Orchester besetzt?

Wenige Streicher, außerdem ein Gitarrist, Band-Percussion und einen Synthesizer. Mehr braucht man bei der Überakustik des Bades auch nicht.

Welche Kleidung empfehlen Sie dem Publikum?

In den ersten Reihen sollte man keine Angst vor Wasser haben, im Bad herrscht Normalbetrieb, nur die Damenschwimmhalle wird für die Aufführung gesperrt. Es wird sicher warm werden.

Wo haben Sie geprobt?

Überwiegend in Dorfen, wo unser Dirigent Ernst Bartmann beheimatet ist. Proben im Bad sind aufwendig und schwierig.

Was inszenieren Sie als nächstes?

Unsere "Traviata" ist im Oktober im Silbersaal des Deutschen Theaters zu sehen. Ich inszeniere bald - aber ohne Opera Incognita - "Powder Her Face" von Thomas Adés, eine Oper, die ich schon lange machen möchte und die in München noch nie gespielt wurde. Die Aufführung findet in der Scholastika des Akademischen Gesangvereins in der Ledererstraße statt.

"Queen Poppea" am 26., 31. August, 1., 2., 6., 8., 9., 14. und 16. September, 19.30 Uhr, alle Vorstellungen ausverkauft. "Powder her Face" am 5. Oktober, Karten bei Münchenticket

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