Monica Bleibtreu: Abschied vor der Kamera

Regisseur Hans Steinbichler und Schauspieler Matthias Brandt über ihre Arbeit mit der kürzlich an Krebs verstorbenen Monica Bleibtreu. Sie ist am Mittwoch im Ersten in „Die zweite Frau“ zu sehen
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Frau Kobarek (Monica Bleibtreu) wäscht ihrem 41-jährigen Sohn (Matthias Brandt) in der Badewanne den Rücken. Brandt: „Die Arbeit mit ihr war eine reine Freude"
WDR 2 Frau Kobarek (Monica Bleibtreu) wäscht ihrem 41-jährigen Sohn (Matthias Brandt) in der Badewanne den Rücken. Brandt: „Die Arbeit mit ihr war eine reine Freude"
Regisseur Hans Steinbichler ging der Dreh unter die Haut
dpa 2 Regisseur Hans Steinbichler ging der Dreh unter die Haut

Regisseur Hans Steinbichler und Schauspieler Matthias Brandt über ihre Arbeit mit der kürzlich an Krebs verstorbenen Monica Bleibtreu. Sie ist am Mittwoch im Ersten in „Die zweite Frau“ zu sehen

Erwin Kobarek ist 41 und lebt noch immer bei seiner Mutter, gemeinsam betreiben sie eine Tankstelle in der Provinz. Eine Beziehung zu einer anderen Frau hatte Erwin noch nie. Bis Mutter und Sohn beschließen, eine aus Rumänien zu kaufen. Als Erwin dann aber die junge Krankenschwester Irina mitbringt, beginnt ein Machtkampf zwischen den beiden Frauen.

Matthias Brandt und Monica Bleibtreu, die am 13. Mai kurz nach ihrem 65. Geburtstag starb, spielen in „Die zweite Frau“ das skurrile Mutter-Sohn-Paar. „Ich bin sehr froh, dass wir diesen Film gemeinsam machen konnten“, sagt Matthias Brandt der AZ. Nicht nur, weil die gemeinsame Arbeit „reine Freude“ gewesen sei. „Sie hat mich als ihren Film-Sohn akzeptiert für diese sechs Wochen Drehzeit, und darauf bin ich sehr stolz.“

Gedreht wurde der Film von Regisseur Hans Steinbichler („Hierankl“, „Winterreise“) vor zwei Jahren. Damals, im Juli 2007, litt die Schauspielerin bereits unter ihrer Krebserkrankung. „Moni ging’s da schon nicht besonders gut. Am letzen Drehtag wollte ich noch eine Szene mit ihr drehen. ,Eine Viertelstunde gebe ich dir noch’, hat sie daraufhin zu mir gesagt. Es wurde eine wunderschöne Szene, aber als sie dann vom Set ging, habe ich nur gedacht: ,Hoffentlich war das nicht unser letzter gemeinsamer Film’“, erzählt der 40-Jährige der AZ. „An dieses Gefühl erinnere ich mich auch heute noch sehr gut.“

Auch der Dreh ging Steinbichler so manches Mal unter die Haut. Zu groß ist die Parallelität zur Realität. Bleibtreu stirbt in „Die zweite Frau“ an Krebs. „Die krasseste war die Krankenhausszene, in der sie noch einmal mit ihrem Sohn spricht“, sagt Steinbichler. „Wir haben alle geweint, weil man spürte, dass sie in dieser Szene auch etwas von sich selbst hochholte.“ Der Regisseur glaubt, dass der Film für seine Darstellerin eine wichtige Arbeit war. „Er handelt von einer Mutter-Sohn-Beziehung und war für Moni wie eine kleine Reise mit dem eigenen Sohn. Sie wusste ja, wo es hingeht.“

Hans Steinbichler: „Einen Ersatz für Moni kann es nicht geben“

Nur wenige Tage vor ihrem Tod führte der WDR ein Interview mit Bleibtreu. „Auf den ersten Blick mag die Mutter, die ich spiele, hart wirken, aber sie ist es nicht“, sagte sie da. „Sie ist eine pragmatische Frau, die zu ihrem Sohn freundlich und herzlich ist. Zu der jungen Rumänin ist sie es weniger.“ Das Drehbuch stammt von Robert Seethaler. Die Idee, dass eine Mutter ihrem Sohn aus Liebe eine Frau kauft, habe sie grandios gefunden. Auch für die anderen Kollegen sparte Bleibtreu nicht an Lob. „Brandt hat eine Gabe dafür, scheinbar tumbe Typen mit großem Feingefühl zu spielen. Er denunziert sie nicht.“ Irina-Darstellerin Maria Popistasu sei eine absolute Entdeckung. „Und Hans Steinbichler ist ein ganz feiner, aufmerksamer Regisseur, der uns Schauspielern Freiraum lässt, ohne seine Ziele aus den Augen zu verlieren. Er ist nicht bestimmend, lässt aber auch nicht locker.“ Sie kenne keinen anderen Regisseur, der so raffiniert vorgehe.

Steinbichler hatte mit Bleibtreu 2006 schon gemeinsam den „Bella Block“-Krimi „Mord unterm Kreuz“ gedreht. „Und schon da habe ich sie sehr, sehr geschätzt“, gibt der Regisseur das Kompliment zurück. „Sie war eine ungemein beeindruckende Frau, auch privat. Gezicke oder Unpünktlichkeit gab es bei ihr nicht, und von allen anderen hat sie das ebenfalls erwartet.“

Vor wenigen Wochen erst hat „Die zweite Frau“ einen Grimme-Preis bekommen, allerdings wurden nur Steinbichler, Brandt und Popistasu ausgezeichnet. „Dass Moni ihn nicht bekommen hat, finde ich ein bisschen merkwürdig. Immerhin wäre es ihr letzter Preis gewesen“, sagt Steinbichler.

Bleibtreu hätte auch in seinem neuen Film „Das Blaue vom Himmel“ die Hauptrolle spielen sollen. Beim Casting ihrer Partnerinnen in der Mutter-Tochter-Geschichte hat Steinbichler die Schauspielerin das letzte Mal gesehen. „Einen Ersatz für Moni Bleibtreu kann es gar nicht geben“, sagt er. „Aber ich versuche, den Film gerade neu zu denken und auf eine andere Person zu übertragen. Moni ist einmalig, aber ich denke nicht, dass sie es gut finden würde, hielte man sie für unersetzlich. Ich glaube, sie hat mir die Erlaubnis dazu gegeben, mich frei zu machen.“

Angelika Kahl

Das Erste zeigt „Die zweite Frau“ Mittwoch, den 24. Juni, um 20.15 Uhr

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