Kritik

Mit aufmüpfig-kratziger Ironie

Andrew Manze und die Münchner Philharmoniker im Gasteig HP8
Michael Bastian Weiß |
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Floris Mijnders, der Solo-Cellist der Münchner Philharmoniker, mit dem Dirigenten Andrew Manze beim Schlussapplaus.
Tobias Hase/mphil Floris Mijnders, der Solo-Cellist der Münchner Philharmoniker, mit dem Dirigenten Andrew Manze beim Schlussapplaus.

Allzu oft ist in einer Musikkritik für das Lob des Chores nicht genug Platz. Ausgerechnet ein technisch eher problemarm zu realisierendes Werk wie das Requiem von Gabriel Fauré verlangt aber dieses Mal eine ausführliche Würdigung des Philharmonischen Chores München. Denn bei einer einfachen Melodie eines einzigen Registers, so raffiniert sie vom Komponisten auch gestaltet sein mag, kommt es auf Farbe an - sonst wird es schnell eintönig.

Chordirektor Andreas Herrmann fügt hier jede Stimme der Tenöre zu einer gleichsam handkolorierten, dabei perfekt gerundeten Linie zusammen. Vollends magisch wird es, wenn tiefe Frauen und hohe Männer zu einem wie überirdischen, übergeschlechtlichen Duett gemischt werden. Überwältigend schließlich ist das Strahlen der vier gleich starken Register, zu einem einzigen zusammengeschmolzen.

In seiner meisterhaften Einstudierung hat Herrmann dem Philharmonischen Chor offenbar auch eine Vertrautheit mit seinem Part mitgegeben, die ihn von der Gesamtleitung weitgehend unabhängig macht. Bei den Münchner Philharmonikern merkt man hingegen, wenn es der Barockgeiger und Dirigent Andrew Manze versäumt, auch nur kleine Impulse zu geben. Die Streicher, ungewöhnlich postiert mit den Bratschen links, Violoncelli rechts und Violinen in der Mitte, finden sich in den pauschalen Bewegungen Manzes keine Orientierung, schwimmen zeitweise schuldlos, wenn sie bei diesem Werk doch eigentlich wie von einer höheren, unsichtbaren Macht zusammengehalten werden müssten.

Elsa Benoit intoniert ihr Sopransolo menschlich warm, ihre wunderbar leise gehaltene Mitte wird jedoch von der Akustik der Isarphilharmonie verschluckt, während Benjamin Appl seinen jugendlichen Bariton nicht ganz frei aussingen kann, weil er selber mit einem Ohr quasi für die Koordination mit der Begleitung sorgen muss.

Auch im Cellokonzert Nr. 1 von Camille Saint-Saëns kann der Umstand, dass der Solist Floris Mijnders aus dem Orchester kommt und alle schon einmal kollegial zusammenhelfen, nur bedingt kompensieren, dass Manze zu sehr mit der Partitur beschäftigt ist, um etwa die wichtigen Holzbläser-Einwürfe gebührend plastisch hervorzurufen. Mijnders, gebürtiger Niederländer, seit 2014 Münchner philharmonischer Solocellist, lässt sich von der dirigentischen Führungsschwäche nicht beirren und spielt das Figurenwerk mit feiner, aufmüpfig kratziger Ironie und das lange Arioso mit einer satten Kurt-Moll-Tiefe, bei der man sich auf jeden Ton von neuem freut.

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