Menü surprise: Martin Stadtfeld im Gasteig
Ein blasser Martin Stadtfeld wird vom Spielwitz des Philharmonischen Orchesters gerettet,
Für Pianistenverhältnisse hatte er sich mächtig rausgeputzt: Martin Stadtfeld flatterte im noblen Gehrock samt Weste und blinkenden Knöpfen auf die Bühne. Zur kauernden Glenn-Gould-Haltung auf dem weit runtergekurbelten Hocker kam also Gottschalk-Glamour. Eine eigentümliche Mischung, aber die war aufregender als das Spiel des bejauchzten Bach-Deuters, der sich natürlich an seinen Leib- und Magenkomponisten hielt – mit dem d-moll-Konzert BWV 1052.
Stadtfelds Steinway klang wie eine in Weihnachtstüll gepackte „Singer“, hörbar auf Retro getrimmt. Das Pedal mutierte zur Rhythmusmaschine, was möglicherweise mit tieferem Sinn behaftet ist, in erster Linie aber blasse Töne entließ. Sicher, das klingt alles manierlich, auch einigermaßen flüssig, aber für den großen Hype reicht’s dann doch nicht.
Für den wirklich inspirierten Part waren sowieso die Philis zuständig, die sich als Philharmonisches Orchester in der Kammerformation zu echten Brautschau-Qualitäten aufbrezelten. Lorenz Nasturica-Herschovici animierte die Crew vom ersten Geigenpult aus, erntete feine Präzision und die nötigen Farben. Dass Beethovens drittes Klavierkonzert doch noch zum (reduzierten) Vergnügen wurde, lag am entschiedenen Wollen der Musiker, weniger an Stadtfelds netten Bemerkungen.
Und nach Haydns Symphonie Nr. 94 könnte man glatt vermuten, dass es ohne Dompteur noch besser geht. Unaufgeregt, locker und wunderbar flüssig kam sie daher, die Pointen saßen, das Menuett geriet köstlich und eigentlich wäre man just mit diesem Menue surprise schon bestens bedient gewesen.
Christa Sigg