Melissa Etheridge: Rausgerockte Gefühlswut

Melissa Etheridge arbeitet mit dem Album „Fearless Love“ ihre Beziehungen auf
von  Abendzeitung

Melissa Etheridge arbeitet mit dem Album „Fearless Liebe“ ihre Beziehungen auf

Die Geburt des Rock’n’Roll aus der Stille der Angst: das ist der vielleicht schönste Text-Gedanke auf dem neuen Album von Melissa Etheridge. „Heaven On Earth“ heißt der Song, der sich von seinen akustischen Anfängen natürlich zur Euphorie steigern muss. Und dabei ist die Floskel des Himmels auf Erden hier tatsächlich die laute Rebellion gegen die metaphysische Erlösungskarotte, die in diesem Leben unerreichbar vor uns baumelt.

Etheridge kam Ende der 80er mit ihrer ersten Platte an in der irdisch-erdigen Welt aus Sound. Und dabei ist es geblieben. Auch ihr Album „Fearless Liebe“ ist da keine Ausnahme. Starkes Soul-Rocken vom ersten Song an, dem immer ein wenig die Notwendigkeit fehlt. Auch wenn die Fühl-Dich-Pose auf Dauer etwas gehaltlos ist, unsympathisch ist sie nicht: Den Drang, mal wieder Lederjacke zu tragen kann fast jeder nachvollziehen.

„We Are The Ones“ – hier dominiert die weltumspannende Verständnisanmache. Die Tabla-Beteiligung ist nicht einmal schlecht, findet eigentlich einen lässigen Beat. Aber das Sprachengemischintro und -outro als vorhersehbare Anwanzerei an ein Popgutbürgertum will unangenehm offensichtlich Gefühle abgreifen.

Tatsächlich ist Melissa am stärksten, wenn sie wie im orchesterrockenden „Drag Me Away“ einfach das Wehtun der Liebe in ihrer Stimme explodieren lässt. Eben, vermeldet die Klatschfront, hat sie sich von ihrer Ehefrau Tammy Lynn Michaels getrennt. Und schon ohne diese Information, ahnt man, dass diese Album in seiner Gefühlswut keine unerlebten Geschichten aufarbeitet.

Christian Jooß

Melissa Etheridge: Fearless love (Universal Music)

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