Mehr als nur Haudrauf

Das Schlagzeug als Soloinstrument: Martin Grubinger fesselt die Zuschauer mit höchster Konzentration, großer Bandbreite, virtuosen Show-Effekten und klassisch Bekanntem
Robert Braunmüller |
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Wer Schlagzeug reflexhaft mit Rhythmus und Lautstärke verbindet, lag diesmal falsch: In Rolf Wallins Konzert „Das war schön” schlug Martin Grubinger kurz mit voller Kraft auf vier Kuhglocken und malte die restliche gute Viertelstunde auf dem Vibra- und Marimbaphon in duftigestem Pastell.

Der junge Salzburger übte sich diesmal ohne großen Apparat in der Kunst der Beschränkung. Aber auch seine kammermuskalisch leisen Dialoge mit den Holzbläsern des Bergen Philharmonic Orchestra rissen das Publikum im ausverkauften Gasteig mit. Wenn Grubinger Neue Musik der leichteren Art spielt, ist das keine Anstrengung für den Zuhörer, sondern ein sinnliches Vergnügen. Da wird ganz locker und nebenbei Vermittlungsarbeit an der Basis zahlender Besucher geleistet.

Mit der kinohaften „Prism Rhapsody” der japanischen Komponistin Keiko Abe kam später doch die krachende Virtuosität im Breitwandformat noch zu ihrem Recht. Für den zugegebenen Ragtime „Look Out Little Ruth” holte sich Grubinger zwei Kollegen aus dem Orchester nach vorn und beschäftigte sogar den Dirigenten Andrew Litton als Ministranten am großen Marimbaphon.

Der zwang eingangs die Zuhörer in „Ases Tod” aus der ersten „Peer-Gynt”-Suite von Edward Grieg mit einem volltönenenden Pianissimo zu höchster Konzentration, die sich vor der „Halle des Bergkönigs” in einem Hustenfortissimo entlud, was den Dirigenten wiederum zum Vorzeigen seines Taschentuchs veranlasste. Der grundsolide Amerikaner und seine Skandinavier waren wie bei ihrem letzten Gastspiel vor zwei Jahren mit David Garrett mehr als eine Garnitur zum Solisten.

Das in allen Gruppen ausgewogen besetzte Orchester kultivierte eine angenehm traditonalistische, mitteleuropäische Wärme. Peter Tschaikowskys „Pathétique” wurde dramatisch, kernig und recht handfest angegangen. Im dritten Satz gab es ein paar klanglich nicht restlos kontrollierte Kraftstellen. Davon abgesehen glückte den Musikern aus Bergen und ihrem unprätentiösen Chef eine rundum erfreuliche, von hysterischem Überdruck freie Aufführung dieser Lieblingsnummer reisender Orchester.

Martin Grubinger spielt wieder am 6. Mai im Aids-Konzert des Münchener Kammerorchesters (Karten: Tel. 461364-30) sowie am 2., 3., 4. Juli mit seinem Planet Percussion in der Philharmonie (Tel. 93 60 93)

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