Marieluise: "Ich hab’ vergessen, dass ich eine Dichterin bin“

Zum 100. Geburtstag der Dichterin Marieluise Fleißer schrieb Kerstin Specht den Monolog „Marieluise, oder die Rückseite der Rechnungen“, die Uraufführung spielte Doris Schade 2001. Nun schlüpft Dascha Poisel in der Regie von Alois-Michael Heigl in die Haut der Fleißer und lässt deren Leben Revue passieren.
von  Abendzeitung

Zum 100. Geburtstag der Dichterin Marieluise Fleißer schrieb Kerstin Specht den Monolog „Marieluise, oder die Rückseite der Rechnungen“, die Uraufführung spielte Doris Schade 2001. Nun schlüpft Dascha Poisel in der Regie von Alois-Michael Heigl in die Haut der Fleißer und lässt deren Leben Revue passieren.

„Einem Kuss folgt die Ohrfeige auf dem Fuß“ – diese Erfahrung macht sie in der Klosterschule, wo im Ersten Weltkriegs verwundete Soldaten einquartiert sind. Das erlebte sie auch in ihren späteren Beziehungen – zu Bertolt Brecht, zu Hellmut Draws-Tychsen und ihrem Ehemann Josef Haindl.

Die Schriftstellerin Marieluise Fleißer war hin- und hergerissen zwischen der bürgerlichen Verwurzelung in Ingolstadt und dem Schreiben, mit dem sie Ende der 20er Jahren in Berlin Bühnenerfolge hatte. Zum 100. Geburtstag der Dichterin schrieb Kerstin Specht den Monolog „Marieluise, oder die Rückseite der Rechnungen“, die Uraufführung spielte Doris Schade 2001.

Nun schlüpft Dascha Poisel in der Regie von Alois-Michael Heigl in die Haut der Fleißer und lässt deren Leben Revue passieren. Aus zwei Pappkartons kramt sie ihre Erinnerungen – Kindheit, Studium und Hunger in München, die Faszination des Egoisten Brecht („ich habe einen Knall für ihn“), „die Fröste der Freiheit“ in Berlin, denen sie nicht gewachsen ist.

Dem Erfolg ihres Stückes „Pioniere in Ingolstadt“ folgt ein Skandal um „Fegefeuer in Ingolstadt“, Fleißer wird unter den Nazis verfemt, heiratet und wird zur „Frau ohne Worte“: „Irgendwie hab’ ich vergessen, dass ich eine Dichterin bin.“

Heigls zurückhaltende Inszenierung schafft mit wenigen Requisiten Atmosphäre. Dascha Poisel spielt einfühlsam, intensiv und mädchenhaft die wechselnden Gefühle der Fleißer, ihre Sehnsüchte, ihre Ängste, und streut zartgesungene Brecht-Lieder zur Gitarre ein. Ein kleiner, sehr feiner Abend.

Gabriella Lorenz

Stadttheater Oblomow, 25., 26. März, 15., 16., 22., 23. April, 20 Uhr, Karten Tel. 32195533

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.