Maisbrot und Aftershave

Rosanne Cash über den Abschied von ihrem Vater, ihre Karriere und Politiker-Poeten
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Rosanne Cash über den Abschied von ihrem Vater, ihre Karriere und Politiker-Poeten

Auf ihrem letzten Album „Black Cadillac“ nahm Rosanne Cash Abschied von ihrem Vater Johnny und ihrer Stiefmutter June Carter. Rosanne ist eine Tochter aus Johnny Cashs erster Ehe mit Vivian Liberto. Die 53-jährige Musikerin und Autorin lebt in New York. Heute ist sie mit ihrem Mann John Leventhal in München.

AZ: Das Leben Johnny Cashs wurde verfilmt. Kam „I Walk The Line“ der Realität nahe?

ROSANNE CASH: Faktisch war vieles richtig. Aber vermittelt es, wer er als Mann war, die Erfahrung meiner Kindheit? Nein, nicht in einer Hollywood-Produktion. Ich habe neulich erzählt, wie meine 17-jährige Tochter den Film sah und sagte: „Wow, das war ein guter Film!“ Und ich erkannte, dass das eben einfach nur Unterhaltung ist.

Ist Erinnerung ihre größte Inspirationsquelle?

Das hoffe ich nicht. Aber auf „Black Cadillac“ trifft das zu. Ich neige zum Grübeln, aber hoffe, dass ich auch in der Gegenwart Inspiration finde.

Bemerkenswertes dafür ist der „Radio Operator“-Song.

Der hat auch eine starke Verbindung zu Deutschland.

Haben sie mit ihrem Vater über seine Funker-Zeit in Landsberg gesprochen?

Sicher, er hat darüber oft geredet. Ich denke er war stolz auf die Zeit, die er da verbrachte, Stolz auf seinen Job und wie er gedient hat.

In „House On The Lake“ singen sie über das Haus ihres Vaters. Erinnern sie sich an den Geruch?

Es gab immer Südstaaten Essen, das hatte den Geruch von Maisbrot. Und dieses Aftershave. Mein Vater hatte eines, das „One Man Show“ hieß. Ich behielt eine Flasche nach seinem Tod. Die ist tatsächlich immer noch in meinem Medizinschränkchen, hat aber ihren Duft verloren. Es war ein sehr würziger Geruch. Ich bin mal in New York ins Taxi gestiegen und da war wieder dieser überwältigende Geruch, als wäre mein Vater da.

Half ihr Album „Black Cadillac“ mit diesen Erinnerungen umzugehen?

Ich würde jetzt nicht sagen, dass es eine Therapie war, das macht es billig. Aber das Rohmaterial von so viel Schmerz und Verlust zu nehmen und es durch Erinnerung, Hoffnung und eine Ahnung der eigenen Herkunft zu organisieren, war für mich sehr hilfreich.

Nach der Schule wurden sie Teil der Johnny Cash Road Show. War das die beste Art, Musiker zu werden?

Nein, es war die beste Art, von Erste-Klasse-Hotels verzogen zu werden. Dann begann ich meine Karriere und stieg in preiswerten Hotels ab. Lehrreich war es, jeden Abend am Bühnenrand zu stehen und zu sehen, wie mein Vater eine Beziehung mit dem Publikum aufbaute. Und alles was er in sich hatte, Probleme, Glück und Schmerz, auf die Bühne brachte.

Hatten sie in ihrer Jugend das Gefühl, sich von diesem Cash-Image befreien zu müssen?

Absolut. Ich habe darüber nachgedacht, meinen Namen zu ändern. Das hätte meinem Vater das Herz gebrochen. Er war so stolz, seine musikalische Tradition weitergehen zu sehen. Ich bin froh, dass ich nicht so dumm war, es zu tun.

War die Übersiedlung nach London ein Weg, die eigene Karriere zu starten?

Ja, und auch, dass ich nach München gegangen bin, um meine erste Platte zu machen.

Sie haben bei Clintons Amtseinführung gespielt. Was hätten Sie für Obama gespielt.

(lacht) Gute Frage. Etwas Aufregendes und Erhebendes.

Sollten Politiker mehr auf Dichter hören?

Ja, statt sie für Kampagnen-Songs zu benützen.

Wer wäre ideal für Obama?

Jeder, an den ich denke, ist zu düster. Gut, Springsteen, wenn sie an Musiker-Poeten denken. Steve Earl ist gut, wenn man die Aggression etwas mildert. Loudon Wainwright wäre auch ein guter, Joe Henry, Billy Bragg ...

Ist es wieder möglich, politische Songs zu schreiben?

Das war nie unmöglich, wenn man zu Woody Guthrie und Bob Dylan zurückgeht und vorwärts zu Steve Earl. Der soziale Kommentar war immer ein Teil der Populärmusik. Aber es gibt wenige, die das können, ohne zu predigen.

Christian Jooß

Muffathalle, Zellstraße 4, 20 Uhr, Eintritt: 30,50 bis 35,50 Euro, www.muffathalle.de

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