Lust auf Peinlichkeiten
ProSieben beweist zum wiederholten Male langen Atem mit einem eher quotenschwachen Qualitätsprodukt: Christian Ulmen kehrt zurück als „Dr. Psycho“ bei ProSieben. So gar kein Held, aber witzig.
Er gehört zu den jungen deutschen Film- und Fernsehschauspielern, die noch nachdenken, welche Rollen sie übernehmen: Christian Ulmen (32) achtet auf Qualität, und wenn er denn mal nervt, tut er das bewusst – wie in der ProSieben-Verschaukelreihe „Mein neuer Freund“, die 2006 für den Deutschen Fernsehpreis nominiert war. Nun kommt Ulmen als Max Munzl alias „Dr. Psycho“ (ab 24. Juni, dienstags, 22.15 Uhr, ProSieben) zurück, obwohl die erste Staffel auf überschaubare Zuschauerresonanz stieß.
„Quoten sind die reinste Lotterie“, sagt Christian Ulmen, „die sind höchstens für die Werbebranche interessant. Mich interessiert, ob das, was ich mache, gut ist oder nicht!“ Das hat sich im Fall von „Stromberg“ ausgezahlt, und nun dürfen sich auch Christian Ulmen und seine Kollegen Anneke Kim Sarnau, Hinnerk Schönemann, Roeland Wiesnekker und Ulrich Gebauer Hoffnungen machen. Denn „Dr. Psycho“ bleibt sich selbst treu – im Konzept und in der Verkörperung Ulmens: eine Art junger Colombo, etwas verlottert, sehr komisch, stark in der Improvisation. Ulmen, der mit Frau und Kind in Potsdam lebt, ist trotz vieler renommierter Preise am Boden geblieben. Aber Eitelkeit und ein so schräger Humor, wie er ihn im Fernsehen verkauft, schließen sich fast aus. „Dr. Psycho“ ist gegen den Heldenstrich gebürstet, uncool kommt er daher, ein Nerd mit Cordsakko und Fünfeinhalbtagebart.
„Ein Nervkopf“
„Ein Nervkopf“, so Ulmen, „der den ganzen Tag lang den anderen, wenn auch unfreiwillig, gehörig auf den Sack geht. Aber Parallelen zwischen mir und Psycho gibt es eher nicht. Ich glaube, meine Frau mag ihn ganz gerne, den Munzl. Vielleicht sagt das ja auch was.“ Da merkt man schon, dieser Ulmen, kein gelernter Schauspieler, aber ein umso besserer Improvisateur, lässt sich nicht so gerne in die Karten blicken. Charmant, aber stets etwas vage bleibend, hält er sich im Gespräch über seine Arbeit, sein Leben und das Fernsehen bedeckt.
Klar, er habe eine Vorliebe für einen etwas peinlichen Humor, aber warum, das könne er jetzt auch nicht sagen. „Da müsste wohl mal ein richtiger Psychologe ran.“ Ulmen bekennt sich zur „Lust auf Peinlichkeit“, will aber gleich wissen: „Ist das denn etwas Besonderes und Interessantes?“
Ein bisschen Gaga-Talk
Er würde zum Beispiel viel lieber wissen, wieso sich manche Leute „Früchtelichterketten in die Küchen hängen“. So ein bisschen Gaga-Talk mit intellektueller Herausforderung, das macht ihm Spaß. Das ist sein Metier. Wieso er nun den Nerv der Zeit zu treffen scheint, vermag Christian Ulmen auch nicht zu sagen. Er weiß nur: „Humor ist zeitabhängig – früher war es Camillo Felgen, der die Leute zum Lachen brachte, heute ist es ,Jackass’“. Worüber lacht er denn selbst im Fernsehen? „Ich schaue seit jeher gerne Doku-Soaps über Polizisten. Ichmag das Ernsthafte lieber.“ Ein Nachfragen lässt er jetzt nicht zu, lieber erklärt er: „Ich bin, glaube ich, auch keiner, der permanent lacht oder seine Mitmenschen zum Lachen zwingt!“ Das hat auch keiner vermutet, und gerade deswegen mag ihn das Publikum.
Frank Rauscher
Ab 24. 6., dienstags, 22.15 Uhr, ProSieben
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