Lust auf Leben

Er war Boxer, Draufgänger, ein Jugendidol, stand für über 90 Kinofilme vor der Kamera und wollte doch nie ein Star sein: Jean-Paul Belmondo, Frankreichs geliebte Schauspiel-Ikone, ist 75 Jahre alt.
von  Abendzeitung

PARIS - Er war Boxer, Draufgänger, ein Jugendidol, stand für über 90 Kinofilme vor der Kamera und wollte doch nie ein Star sein: Jean-Paul Belmondo, Frankreichs geliebte Schauspiel-Ikone, ist 75 Jahre alt.

Schicksalsschläge hat er stets mit dem Mut eines Boxers (der er ja auch mal war) pariert. Seit er 1959 in Jean-Luc Godards „Außer Atem“, einem Klassiker der Nouvelle Vague, so hinreißend einen Kleinkriminellen spielte, der von der Geliebten (Jean Seberg) an die Polizei verraten wird, hatte Jean-Paul Belmondo einen festen Platz in der Filmgeschichte. An diesem Mittwoch wird „Bébel“, wie die Franzosen ihn liebevoll nennen, 75 Jahre alt.

Und er spricht von einer „neuen Lust auf Leben“. Denn die physische Konstitution des Mannes, der sich selbst als „Glückskind“ sieht, war hart geprüft worden. 1999 ein Herzinfarkt während einer Theateraufführung in Brest, 2001 folgte, nach einem Auftritt mit seiner zweiten Ehefrau Nathalie beim Filmfestival von Cannes, im Urlaub auf Korsika ein schwerer Schlaganfall. Belmondo war halbseitig gelähmt, konnte kaum noch sprechen. Nathalie pflegte ihn, er kämpfte.

Ein Film als "eine Art Wiedergeburt"

Der einstige Draufgänger und Actionheld, der berühmt dafür war, auch gefährliche Stunts selbst zu machen, will nun ein Vorbild für jugendliche Unfall-Opfer sein. „Man darf nie aufgeben, sich nie gehen lassen. Man muss immer in die Zukunft blicken“, sagt er. Und hat sogar wieder einen Film gemacht (eine „Art Wiedergeburt“ nannte er das). Im Remake von Vittorio de Sicas „Ein Mann und sein Hund“ (Kinostart im Herbst) spielt Belmondo einen alten, vereinsamten, aber würdevollen Mann.

Das Etikett „Star“ wies er, der mehr als 90 Kino- und 40 Theater- Rollen gespielt hat, stets zurück. Und setzte dagegen: „Ich bin nur Schauspieler, aber das mit Leib und Seele.“ Diese Leidenschaft entwickelte er über Umwege. Der Sohn einer Künstlerfamilie sizilianischer Abstammung wollte erst Bildhauer werden wie der Papa. Dann Boxer (die attraktiv gebrochene Nase holte er sich aber bei einem Schulhof-Streit), Autorennfahrer und schließlich Schauspieler.

Die besten Regisseure rissen sich um ihn

Sein frecher Charme, die Aura des Rebellen machten ihn zum Jugendidol der wilden 60er Jahre. Jean-Paul, der Frauenheld, der kühne Macho, Gangster, Polizist, Charakterkopf – er hatte immer alles drauf, auch dank einer soliden Ausbildung. Regisseure wie Godard, Melville, Verneuil („Ein Affe im Winter“ mit Jean Gabin), Malle („Der Dieb von Paris“), Chabrol, Lelouch („Der Löwe“, 1989) rissen sich um ihn. Ausgedehnte Ausflüge ins teils schlichte Action-Genre verziehen Belmondo auch strenge Kritiker, das Publikum liebte ihn ohnehin – und wird es immer tun.

Angie Dullinger

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