Luftsprünge ins Absurdistan

Explosionen, aber nicht mehr daheim: In Veit Helmers Film streiken die Frauen im Bett. Der Geschlechterkrieg kann beginnen. „Absurdistan“, der Titel von Helmers Film ist Programm.
von  Abendzeitung

Explosionen, aber nicht mehr daheim: In Veit Helmers Film streiken die Frauen im Bett. Der Geschlechterkrieg kann beginnen. „Absurdistan“, der Titel von Helmers Film ist Programm.

Die Frauen haben es satt: Nur noch ein schmales Rinnsal tropft aus der Trinkwasserleitung, die einen langen Weg durch die Berge in ihr Tal macht. Und was machen die Männer? Sie faulenzen, anstatt ihrer Reparier-Pflicht nachzugehen. So treten die Damen in den Sexstreik, um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen. Der Geschlechterkrieg kann beginnen.

An einen fantastischen Ort, der gar nicht soweit weg von unserer Welt ist, hat Regisseur Veit Helmer diese Geschichte angesiedelt: Er pinselt das Märchen vom Sex- Streik lustvoll und drall ans Firmament eines Niemandslands namens Absurdistan, irgendwo zwischen Europa und Asien, zwischen der schwedischen Spleen- Welt von Michel aus Lönneberga und einem südtürkischen Dorf. In die Rahmenhandlung bettet Helmer etwas mühsam eine Liebesgeschichte: Temelko (Maximilian Mauff aus „Die Wolke“) und Aya (Kristyna Malerova) haben sich schon im Kindergartenalter verlobt.

Die reifen Vierjährigen blieben sich treu. Doch Aya wird ein wenig nervös, als Temelko, zum jungen Mann gereift, etwas fixiert wirkt auf bestimmte Körperstellen. Als Temelko nach einem Aufenthalt in der fernen Stadt in die Heimat zurückkommt, ist es endlich soweit, doch vor der Liebesnacht muss er Aya rituell ein Bad bereiten. Genau das wird bei der Wasserknappheit zum Ding der Unmöglichkeit, weshalb der Junge zu Heldentaten in die Berge ziehen muss.

Absurde Situationen in einem merkwürdig verqueren Kosmos

„Absurdistan“, der Titel von Helmers drittem Langfilm nach „Tuvalu“ und „Tor zum Himmel“, ist Programm: Lustvoll konstruiert er absurde Situationen in einem merkwürdig verqueren Kosmos: Da beziehen die Geschlechter Stellung als wären sie eine Armee und der Ehemann, beziehungsweise die Gattin, der Feind. Helmer beschränkt sich auf die Magie, das Zeitlose und Anmutige Aserbaidschans, wo er filmte. Aus 16 Ländern kamen seine Darsteller.

Verstanden hat man sich am Set nur mit Händen und Füßen, für den dialogarmen Film selbst kein Problem. Tatsächlich sind die Gesichter der Menschen oft spannender als die Drehbucheinfälle, aber „Absurdistan“ ist allein wegen seiner ausgesucht schönen Bilder eine Reise wert.

Claudia Nitsche

Kino: Forum-Kinos, Neues Arena R: & B: Veit Helmer (D, 87 Min.)

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