Lassen Sie sich überraschen
Kammerspiele: Das Münchener Kammerorchester spielt Heiner Goebbels
Einmal im Jahr gibt das Münchener Kammerorchester einem Komponisten „carte blanche". Heuer ist es Heiner Goebbels, der wie kein zweiter Musik mit Theater zusammenbringt. Der Abend heute und morgen in den Kammerspielen verbindet Werke von Goebbels mit der Suite Nr. 2 des Schönberg-Schülers und Kommunisten Hanns Eisler. Alexander Liebreich dirigiert.
AZ: Herr Goebbels, Eisler ist nicht eben in Mode - was interessiert Sie an ihm?
HEINER GOEBBELS: Als ich in den 70er Jahren in Frankfurt noch als ,Sponti' mit Joschka Fischer in einem besetzten Haus wohnte, habe ich zunächst nur nach Feierabend Musik gemacht. Erst durch Eislers Werke, Interviews und Schriften wurde mir klar, dass sich Musik und Politik zusammenbringen lassen. Ich hab ihm viel zu verdanken. Und das Schöne an Eisler ist, dass er Widersprüche aushalten konnte. Er hat Massenlieder komponiert, aber auch ausgefeilte Kammermusik, wie die fünf Orchesterstücke.
Ihre „Befreiung" ist eine konzertante Szene für Sprecher und Ensemble.
Dieses Stück entstand 1989 für das Ensemble Modern. Ein rabiater Text aus dem Theaterstück „Krieg” von Rainald Goetz aus den 80ern. Seine Sprache hat eine starke, genaue Kraft und nimmt auch bestimmte Gesten des jetzigen Theaters vorweg. Ursprünglich war das ein Dialog zweier männlicher Figuren: . Ich lasse es hier aber von Inga Busch, einer Pollesch-Schauspielerin sprechen. Das verstärkt die antipsychologische Dimension des Textes - daran ist mir sehr gelegen.
Warum verbinden Ihre „Songs of Wars I have seen" modernes und historisches Instrumentarium?
Es war ein gemeinsamer Auftrag der London Sinfonietta und des Orchestra of The Age of Enlightenment. Diese beiden Ensembles wollten bei der Wiedereröffnung des Londoner Southbank Centre 2007 zusammen spielen. Ich habe dafür den Gedanken von Gertrude Stein aufgegriffen: In einem Roman über ihre Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg vergleicht sie die Brutalitäten nicht nur mit den Dramen von William Shakespeare, sie stellt auch sehr private und öffentliche, politische Bemerkungen krude nebeneinander..
Sie nennen das Stück im Untertitel "szenisches Konzert". Was bedeutet das?
Dass „irgendetwas' passiert”, dass es zum Konzert auch eine visuelle Dimension gibt. Lassen Sie sich überraschen.
Man hört, Sie seinen als Nachfolger von Peter Ruzicka bei der Musiktheater-Biennale im Gespräch.
Das stimmt - aber ich habe abgesagt.
Kammerspiele, Schauspielhaus, heute und morgen, 20 Uhr. Karten 9 bis 37 Euro. Eine Stunde vor Beginn findet eine Einführung mit Goebbels und Alexander Liebreich statt
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