Lars Kraumes "Die Unschärferelation der Liebe"

Ein wunderbarer Liebesfilm mit Caroline Peters und Burghart Klaußner
von  Margret Köhler
Greta (Caroline Peters) und Alexander (Burghart Klaußner) in New York.
Greta (Caroline Peters) und Alexander (Burghart Klaußner) in New York. © X Verleih

Hurra, wir leben noch!

Sex und Liebe im Alter sind kein Tabu mehr, Singlebörsen ab 60 boomen. Auch die ältere Generation hat das Netz für die Partnersuche entdeckt. Weit entfernt von so einem für sie modernen Pipifax treffen sich zwei Menschen zufällig an einer Bushaltestelle im ruppigen Berlin. Da küsst eine Frau einen fremden Mann in den Nacken. Plumpe Anmache, Verrücktheit oder Versehen? Bevor er reagieren kann, quasselt sie ihn zu, dass er kaum zu Worte kommt, und folgt ihm ein Stück des Weges: der Beginn einer komplizierten Beziehung zwischen zwei völlig gegensätzlichen Menschen, die auf den ersten Blick so gar nicht zueinander passen.

Als die notorische Lügnerin und Schulsekretärin Greta am nächsten Tag im Laden von Metzgermeister und Musikliebhaber Alexander steht, ist der nicht gerade begeistert. Ein Typ, der nie Ferien macht, nie verheiratet war und keine Kinder hat. Das Thema Sexualität liegt für ihn schon lange auf Eis. Aber bei dem nervigen Energiebündel, das ihn aus der Lebensroutine lockt, gibt's kein Entrinnen.

Nach schweren Filmen wie "Der Staat gegen Fritz Bauer" oder "Das schweigende Klassenzimmer" packte Lars Kraume wohl Lust auf etwas Leichtes und er inszeniert nach Simon Stephens' Theaterstück "Heisenberg" eine romantische Komödie über ein nicht mehr junges Paar in Berlin und in New York, wohin es die fidelen Oldies am Ende verschlägt.

Caroline Peters und Burghart Klaußner, die schon im Düsseldorfer Schauspielhaus gemeinsam auf der Bühne standen, brillieren erneut als kratzbürstiges Duo mit pointierten Dialogen, die fehlende Kinobilder vergessen lassen. Sie sind zwei aus der Bahn Geworfene, die ihre Einsamkeit kaschieren, sie ein ungestümer Gefühls-Tsunami, er mehr der ruhige auf Abwehr gebürstet Typ, wenn ihm jemand, vor allem eine Frau, zu nahe kommt. Aber wenn sie fragt "Würdest du gerne mit mir schlafen?", gibt es nur eine Antwort: "Das würde ich sogar sehr gerne". Ihre Erklärung, "nicht nur nebeneinander", ist da überflüssig, gesteht er doch verschämt, dass er gerade dabei ist, sich zu verlieben. Sie brauchen sich, auch wenn sie es verleugnen und lassen sich trotz allem Schlamassel die Chance auf ein bisschen Glück durch den Zufall nicht entgehen.

Nach unerwarteten Wendungen gewinnt unter dem Himmel von Berlin die Leichtigkeit des Seins. Man könnte fast neidisch werden. Margret Köhler

K: ABC, City, Gloria, Monopol, Maxim
R: Lars Kraume (D, 92 Min.)

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