Schneekanonen vor der Alten Pinakothek

Eigentlich ging die Sache ziemlich schief. Oder besser: Sie fand gar nicht statt. Denn die tollsten Schneekanonen versagen, wenn die Temperaturen nicht unter Null sinken. Also blieb die Wiese südlich der Alten Pinakothek grün-braun-matschig, statt von strahlendem Weiß mit blau-gelb-roten Farbtupfern bedeckt zu werden.
Ein Kunstwerk hätte das Ganze werden sollen. So, als würde Jackson Pollock ausnahmsweise nicht vornüber gebeugt vor sich hin tröpfeln, sondern seine Arbeit mit Kanonen in die Landschaft, respektive auf eine schnee-weiße Leinwand ballern.
Philipp Messner nahm’s gelassen. Der 40-jährige Künstler muss jetzt halt warten, bis es richtig kalt wird. Als Südtiroler ist ihm die Problematik vertraut, dort, wo auch Touristen aus Bayern das besondere, wahre und echte Natur-Erlebnis suchen, haben sich die Schneekanonen inzwischen fast überall breit gemacht.
Man könnte die Aktion leicht als Protest gegen diesen energiefressenden Techno-Firlefanz und letztlich die Zerstörung des Alpenraums verstehen. „Das schwingt schon auch mit“, sagt Messner, der an der Wiener Kunstakademie bei Michelangelo Pistoletto studiert hat und in München lebt. „Mich interessiert aber vor allem das Spannungsverhältnis von Künstlichkeit und Natur.“ Und durch das Hinzufügen der Farbe – es handelt sich um hochverdünnte, wasserlösliche Lebensmittelfarbe – werde bei dieser Simulierung von Natursystemen erst recht die Künstlichkeit betont. Das Wort Kunst-Schnee passt hier im doppelten Sinne.
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Dieses „performative, skulpturale Happening“ unter dem wohltuend schlichten wie sinnfälligen Titel „Clouds“ (Wolken) bildet den Auftakt zu den diesjährigen, vom Kulturreferat der Stadt geförderten Projekten temporärer Kunst im öffentlichen Raum. Dafür stehen derzeit im Jahr rund 600 000 Euro zur Verfügung.
Der Start hätte durchaus glücklicher ausfallen dürfen, denn nun stehen die Schneekanonen erst einmal wie orange Riesenföhnapparate dekorativ in der Landschaft und warten auf kühlere, sprich frostige Zeiten. Weshalb? Das zu feinsten Tröpfchen zerstäubte Wasser braucht mindestens drei Grad minus, um auf seiner relativ kurzen Flugzeit zu Kristallen auszufrieren.
Wenn’s bis 5. Februar nix wird – wovon die Beteiligten „natürlich“ nicht ausgehen – zeigt das eben auch, „dass wir die Natur nicht ohne weiteres künstlich überlisten können“, meint Kulturreferent Hans-Georg Küppers. Und er weiß am besten, dass man jetzt cool bleiben muss.
Bis 5. Februar auf der Südwiese vor der Alten Pinakothek. Künstlergespräch am 23. Januar um 11 Uhr im Vorhoelzer Forum der TU (Arcisstr. 21, 5. Stock). Arbeiten von Philipp Messner sind vom 27. 1. bis 23. 4. in der Eres-Stiftung, Römerstr. 15, unter dem Titel „Snow. Future. Die Alpen – Perspektiven einer Sehnsuchtslandschaft“ zu sehen