Rudolf von Alt: Hitlers künstlerisches Vorbild

Die Graphische Sammlung zeigt Aquarelle und Zeichnungen von Rudolf von Alt – dem Maler, der Hitler inspirierte und von einer Künstler-Karriere träumen ließ.
Roberta De Righi |
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München - Das Oeuvre Rudolf von Alts (1812 bis 1902) ist in Österreich bis heute höchst populär – weil er die K.u.k-Kernlande in unzähligen Veduten und Landschaftsansichten detailliert festhielt. Salzburg, Wien, das Salzkammergut und die Donaugegend, aber auch Rom und Venedig wurden unter seinem Pinsel zu Orten von derart pittoresker Idylle, dass man heute aufpassen muss, darin nicht bereits den Braunstich späterer Kontamination durch die Bewunderung Adolf Hitlers zu sehen.

Tatsächlich erstaunt es kaum, dass der "große Diktator", als er noch von einer Künstler-Karriere träumte, einst auf den Spuren Alts durch Wien zog. Gleich sechsmal versuchte Hitler sich – mit wechselhaft-unbefriedigendem Ergebnis – an der direkten Nachahmung einer Alt-Ansicht mit Hofburg und altem Burgtheater, wie man jetzt in der Graphische Sammlung beobachten kann.

Die Schwierigkeiten der Provenienz-Forschung

Unter dem Titel „Rudolf von Alt: ,…genial, lebhaft, natürlich und wahr’. Der Münchner Bestand und seine Provenienz“ präsentiert die graphische Sammlung ihr Konvolut von insgesamt 617 Zeichnungen und Aquarellen, die 1959 über den Central Collecting Point (CCP) aus ehemaligem NS-Besitz in die Kollektion gekommen waren.

Vor allem aber zeigt die Schau ein Kapitel der hochkomplexen Provenienz-Forschung, das auch die Machenschaften willfähriger Akteure in Museen und Kunsthandel offenlegt, wie die Kunsthistorikerin Meike Hopp mit bemerkenswerter Energie herausgearbeitet hat. Was alle Nachforschungen erschwert, ist nicht zuletzt die Tatsache, dass Rudolf von Alt viele seiner Motive in zigfacher Ausführung mit höchstens minimalen Veränderungen in der Staffage fertigte.

Hitler ließ hunderte Bilder aufkaufen

Kurz nach dem so genannten "Anschluss" Österreichs 1938 reiste Ernst Schulte Strathaus, damaliger Reichsamtseiter des "Braunen Hauses" im Auftrag Adolf Hitlers und seines Reichsleiters der NSDAP, Martin Bormann, nach Wien, um auf Parteikosten Werke – u.a. für den Obersalzberg und Bormanns Pullacher Villa – zu erwerben. 400 Blätter verkaufte ihm Alts fast mittellose Tochter Louise direkt, alle anderen beschaffte er sich einzeln auf dem Kunstmarkt. Sie stammten überwiegend aus dem Eigentum jüdischer Bürger, die vor den Nazis zu fliehen versuchten.

Eine Ausfuhrsperre, mit der Alts Werke belegt wurden, verhinderte den massenhaften Abverkauf nicht, sondern spielte sie im Gegenteil Schulte Strathaus noch in die Hände. Und mit dem Argument, dass die Beschlagnahmung ohnehin bevorstehe, drückte etwa die Münchner Kunsthändlerin Maria Almas Dietrich die Preise – in dem Wissen sie anschließend teuer an Bormann weiterverkaufen zu können. Auch durch die Hände des Münchners Eugen Brüschwiler gingen mindestens 22 Alt-Ansichten; gerahmt und restauriert wurden damals alle durch die kunstgewerblichen Werkstätten Karl Pfefferle.

Nach dem Krieg kooperierten die Behörden nicht

Nach dem Krieg offenbarten die Behörden Unwillen zur Aufarbeitung. Anfragen der Erben verliefen im Nichts, sogar eindeutig gekennzeichnete Blätter galten als unauffindbar. So wurde auf Nachfrage "Häuser von Teplitz" nicht gefunden, obwohl auf der Rückseite der Name des einstigen Eigentümers Rudolf Stein vermerkt ist.

Als ebenso unfähig erwiesen sich die Verantwortlichen des CCP im Falle von Alts letzter, mit zittriger Hand gefertigter Ansicht seines Ateliers. Ehe er sich selbst noch in Bild setzen konnte, ist der Künstler verstorben, die Leerstelle also hochsymbolisch.

Doch als ein Nachfahre des Wiener Unternehmers Stephan Mautner, 1944 in Auschwitz ermordet, mit genauester Beschreibung nach dem Verbleib des ehemaligen Familienbesitzes forschte, blieb es verschollen. Zu kombinieren, dass sich das gesuchte Blatt hinter dem Titel „Interieur mit großem Schrank“ aus dem Todesjahr verbarg, war zu hoch für die Behörde.

Der jetzigen Forschung ist es zu verdanken, wenn die Restitution an die Erben doch noch zu einem guten Abschluss kommt.


Bis 11. Oktober, Graphische Sammlung in der Pinakothek der Moderne, Di – So 10 bis 18, Do bis 20 Uhr; Katalog 32 Euro

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