Regenwasser aus Berlin

„A Space Called Public” – Das vom Duo Elmgreen & Dragset kuratierte Kunstprojekt bespielt die ganze Münchner Innenstadt
Roberta De Righi |
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Den Münchner Viktualienmarkt ziert seit dem 8. Mai ein schräger Buddha-Skulptur "Made in Dresden", das Projekt des Malaysischen Künstlers Han Chong. Der unecht anmutende goldene Farbton der Skulptur und ihr einfaches Design erinnern an typische Souvenirartikel – ein kritischer Verweis auf die industrielle Massenproduktion als Phänomen unserer Zeit sowie auf die weitgehend unbekannte Tatsache, dass Billigartikel für den asiatischen Raum in Europa hergestellt werden.
Leonie Felle 11 Den Münchner Viktualienmarkt ziert seit dem 8. Mai ein schräger Buddha-Skulptur "Made in Dresden", das Projekt des Malaysischen Künstlers Han Chong. Der unecht anmutende goldene Farbton der Skulptur und ihr einfaches Design erinnern an typische Souvenirartikel – ein kritischer Verweis auf die industrielle Massenproduktion als Phänomen unserer Zeit sowie auf die weitgehend unbekannte Tatsache, dass Billigartikel für den asiatischen Raum in Europa hergestellt werden.
Nach Stationen in Rotterdam und New York präsentieren Elmgreen & Dragset ihre Performance "It's Never Too Late To Say Sorry" auf dem Münchner Odeonsplatz: Täglich um 12 Uhr mittags nimmt ein Mann ein Megaphon aus einem fest installierten Glaskasten und ruft den Satz "Es ist niemals zu spät, sich zu entschuldigen".
Leonie Felle 11 Nach Stationen in Rotterdam und New York präsentieren Elmgreen & Dragset ihre Performance "It's Never Too Late To Say Sorry" auf dem Münchner Odeonsplatz: Täglich um 12 Uhr mittags nimmt ein Mann ein Megaphon aus einem fest installierten Glaskasten und ruft den Satz "Es ist niemals zu spät, sich zu entschuldigen".
Die weiße Marmorskulptur des isländischen Künstlers Ragnar Kjartansson erinnert an einen repräsentativen, neoklassizistischen Sockel und scheint damit auf den ersten Blick einem klassischen Denkmal zu gleichen. Die vertraute Erscheinung wird bei genauem Hinsehen jedoch von der Inschrift, die auf dem Sockel zu lesen ist, gebrochen: "Alles was er machen wollte, war zu onanieren und Pralinen zu essen" steht dort in Stein gemeißelt und zitiert den Inhalt eines Traums des Künstlers.
Leonie Felle 11 Die weiße Marmorskulptur des isländischen Künstlers Ragnar Kjartansson erinnert an einen repräsentativen, neoklassizistischen Sockel und scheint damit auf den ersten Blick einem klassischen Denkmal zu gleichen. Die vertraute Erscheinung wird bei genauem Hinsehen jedoch von der Inschrift, die auf dem Sockel zu lesen ist, gebrochen: "Alles was er machen wollte, war zu onanieren und Pralinen zu essen" steht dort in Stein gemeißelt und zitiert den Inhalt eines Traums des Künstlers.
Nur scheinbar ein ganz natürliches Zusammenspiel von lokalem Regenwasser und Beton ist die Arbeit "Berliner Pfütze" von Kirsten Pieroth. Die Skulptur besteht aus einer in Berlin aufgesaugten Pfütze, die in München installiert wird.
Leonie Felle 11 Nur scheinbar ein ganz natürliches Zusammenspiel von lokalem Regenwasser und Beton ist die Arbeit "Berliner Pfütze" von Kirsten Pieroth. Die Skulptur besteht aus einer in Berlin aufgesaugten Pfütze, die in München installiert wird.
Tatiana Trouvé greift das im Stadtraum klassische Motiv des Brunnens auf. Ihre Skulptur kombiniert den Alltagsgegenstand einer Matratze aus hochwertigem Bronzeguss mit dem einfachen Baumaterial Beton.
Leonie Felle 11 Tatiana Trouvé greift das im Stadtraum klassische Motiv des Brunnens auf. Ihre Skulptur kombiniert den Alltagsgegenstand einer Matratze aus hochwertigem Bronzeguss mit dem einfachen Baumaterial Beton.
Besucher der Rathausgalerie finden einen Ort vor, der im Umbau zu sein scheint: Durch die vollständige Auskleidung des Raums mit rohen Holzwänden, auf denen vier große Bauschilder angebracht sind, wird eine Baustelle simuliert. Die Schilder zeigen die Pläne eines neuen Raums für zeitgenössische Kunst, der mit der Rathausgalerie durch einen für die Öffentlichkeit unzugänglichen Tunnel im Untergrund verbunden ist.
Leonie Felle 11 Besucher der Rathausgalerie finden einen Ort vor, der im Umbau zu sein scheint: Durch die vollständige Auskleidung des Raums mit rohen Holzwänden, auf denen vier große Bauschilder angebracht sind, wird eine Baustelle simuliert. Die Schilder zeigen die Pläne eines neuen Raums für zeitgenössische Kunst, der mit der Rathausgalerie durch einen für die Öffentlichkeit unzugänglichen Tunnel im Untergrund verbunden ist.
METRO-Net zählt zu dem Werkkomplex der "unsinnigen Bauvorhaben", die Martin Kippenberger in den letzten vier Lebensjahren bis zu seinem Tod 1997 beschäftigten. In München ist die legendäre Installation auf dem Marienhof zu finden: Hier spielt sie auch die lokalen Diskussionen um die zweite S-Bahn-Stammstrecke in München an.
Leonie Felle 11 METRO-Net zählt zu dem Werkkomplex der "unsinnigen Bauvorhaben", die Martin Kippenberger in den letzten vier Lebensjahren bis zu seinem Tod 1997 beschäftigten. In München ist die legendäre Installation auf dem Marienhof zu finden: Hier spielt sie auch die lokalen Diskussionen um die zweite S-Bahn-Stammstrecke in München an.
Zeugnisse aus dem Hier und Jetzt, Notizen zum persönlichen Stadt(er)leben, Dokumente oder Wünsche für München in 100 Jahren sollen die "Münchner Zeitkapsel 2013-2113" füllen. Als mobile Sammelstelle dient ein ausgehöhlter Stein. Das Projekt von Iván Argote und Pauline Bastard beginnt am Marienhof und wechselt anschließend den Standort.
Leonie Felle 11 Zeugnisse aus dem Hier und Jetzt, Notizen zum persönlichen Stadt(er)leben, Dokumente oder Wünsche für München in 100 Jahren sollen die "Münchner Zeitkapsel 2013-2113" füllen. Als mobile Sammelstelle dient ein ausgehöhlter Stein. Das Projekt von Iván Argote und Pauline Bastard beginnt am Marienhof und wechselt anschließend den Standort.
Die für ihre provokanten Videoinstallationen und Live-Performances bekannte Münchner Künstlerin Funda bespielt einen dezentralen Ort der Stadt: den Bereich zwischen Jutier- und Tonnenhalle in der Dachauer Straße 110. Ihr Projekt hematisiert das Verweilen an einem unscheinbaren Ort, einem "Nicht-Ort" in Zeiten". Das Foto zeigt den Aufbau.
Leonie Felle 11 Die für ihre provokanten Videoinstallationen und Live-Performances bekannte Münchner Künstlerin Funda bespielt einen dezentralen Ort der Stadt: den Bereich zwischen Jutier- und Tonnenhalle in der Dachauer Straße 110. Ihr Projekt hematisiert das Verweilen an einem unscheinbaren Ort, einem "Nicht-Ort" in Zeiten". Das Foto zeigt den Aufbau.
Das Projekt "Schöner Wohnen" des Münchner Künstlers Alexander Laner nutzt den "4th Plinth Munich" von Stephen Hall und Li Li Ren am Wittelsbacherplatz nicht in seiner Funktion als monumentalen Sockel, sondern eignet sich den gemauerten Hohlkörper als exklusive Immobilie an – ähnlich wie architektonische Umnutzungen bestehender Bauten zu Luxus-Immobilien.
Leonie Felle 11 Das Projekt "Schöner Wohnen" des Münchner Künstlers Alexander Laner nutzt den "4th Plinth Munich" von Stephen Hall und Li Li Ren am Wittelsbacherplatz nicht in seiner Funktion als monumentalen Sockel, sondern eignet sich den gemauerten Hohlkörper als exklusive Immobilie an – ähnlich wie architektonische Umnutzungen bestehender Bauten zu Luxus-Immobilien.
Der britische Künstler David Shrigley hat ein Denkmal für Bubbles, den Lieblingsaffen Michael Jacksons entworfen. "Bubblesplatz" befindet sich direkt neben dem Monument für Orlando di Lasso auf dem Promenadeplatz, das die Fans von Michael Jackson zu einem Erinnerungsort für den Popstar umgewidmet haben.
Leonie Felle 11 Der britische Künstler David Shrigley hat ein Denkmal für Bubbles, den Lieblingsaffen Michael Jacksons entworfen. "Bubblesplatz" befindet sich direkt neben dem Monument für Orlando di Lasso auf dem Promenadeplatz, das die Fans von Michael Jackson zu einem Erinnerungsort für den Popstar umgewidmet haben.

„A Space Called Public” – Das vom Duo Elmgreen & Dragset kuratierte Kunstprojekt bespielt die ganze Münchner Innenstadt

Ein München-Rundgang wie eine Schatzsuche, auf der Spur aller Einzelwerke von „A Space Called Public”, ist – aber bitte nur mit vagen Ortsangaben und ohne Führer – unbedingt zu empfehlen. Denn man nimmt die Stadt auf Kunst-Entdeckungsreise ganz anders wahr. Das Spannende an der Kunst im öffentlichen Raum ist ja, dass man ihr beiläufig begegnet und nie sicher sein kann, ob das vermeintlich Alltägliche sich als etwas Besonderes herausstellt, oder ob manche Kunst einfach banal bleibt.

Alles, nur „keine Spektakel”, hatten jedenfalls die Kuratoren der Reihe, das Duo Michael Elmgreen & Ingar Dragset, im Sinn. Seit heute sind alle 17 Installationen und Interventionen im öffentlichen Raum vollendet, für der Stadtrat im Januar 1,2 Millionen Euro bewilligt hat.

Kaum zu übersehen ist Ed Ruschas großes Billboard am Lenbachplatz: „Pay Nothing Until April” steht quer über dem Bild eines verschneiten Bergmassives. Die rätselhaft-schöne Plakat-Botschaft hallt im Stadtraum mindestens so eindrucksvoll nach wie im Museum.

Plakativ ist auch Alexander Laners „Schöner Wohnen”, der umgebaute Denkmalsockel am Wittelsbacherplatz. Das Mikro-Apartment ist nun vollmöbliert und bezugsfertig. Der Besichtigungstermin für das „Luxus-Objekt in Toplage” ist für den 15. Juni, 15 Uhr, angesetzt. Zynisch? Ironisch? Oder nur der ganz normale München-Wahnsinn?

In der Sparkassen-/Falkenturmstraße sieht man dagegen gar nichts. Man schnuppert vorsichtig, um die eigens für diesen Ort geschaffene Duft-Mixtur von Sissel Tolaas zu erkennen. Handelt es sich nur um die Haarspay-Schwaden vom Friseursalon gegenüber? Wer eine gewöhnungsbedürftige Mischung aus Bier, Schweinsbraten und Parfüm ausmachen kann, hat das immaterielle Kunstwerk gefunden.

Am Isartorplatz wiederum könnte man witterungsbedingt noch durch einige original-münchnerische Wasserlachen waten. Eine von ihnen, die größte, ist allerdings eine „Berliner Pfütze” – mit echtem Hauptstadt-Regenwasser. Die große Flut über Deutschland lässt Kirsten Pieroths Pfützen-Translozierung noch absurder erscheinen.

Am Gärtnerplatz hat Ragnar Kjartansson den beiden Architektenbüsten im Gärtnerplatz-Rondell ein unauffälliges Marmormonument hinzugefügt, Titel: „Träumerei”. Mit der Inschrift „Alles was er machen wollte, war zu onanieren und Pralinen zu essen” beweist der Isländer einen Humor, der den „Spirit” des Ortes ganz gut erfasst, den man jedoch auch nicht vermissen würde.

Und nicht nur im Sinne des Ortsbezugs gelungen ist Tatjana Trouvés „Waterfall”, ein leise tröpfelnder Brunnen vor der Stephanskirche am Alten Südfriedhof. Die scheinbar klatschnasse Matratze hängt über einer Betonbrüstung und tropft ab – sie ist aus Bronze. Und letztlich auch ein beredtes Symbol für die Münchner Wohnungsnot: Man denkt an das Matratzenlager der Obdachlosen unter der nahen Wittelsbacherbrücke, das von der reißenden Isar weggeschwemmt wurde.

Eröffnung 6. Juni 2013, 16 Uhr, Einzelwerke zu sehen bis 9. September. Termine, Lageplan und Infos auf www.aspacecalledpublic.de

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